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Rants


#rp17 Ein Rant

- in: rant

Ich fühle mich der re:publica verbunden. 2010-2014 war ich immer da. 2015 habe ich ausgesetzt, 2016 war ich zur Abschlussparty da. 2017 war ich Dienstag für zwei Stunden da und fand es unerträglich. Wie auch einen Großteil der Dinge die ich online von der diesjährigen re:publica mitbekommen habe.

Bisher verstand ich die re:publica als Vernetzungsort für Blogger*innen und Netzaktivist*innen.

Der Netzaktivismus die letzten Jahre hat sich verändert - schon lange gibt es keine großen Demonstrationen mehr gegen neue Überwachungsvorhaben. Die Vorratsdatenspeicherung, die lange erbittert bekämpft wurde, wurde 2015 fast protestlos wieder eingeführt.

Blogs haben an Stellenwert verloren. Einige Blogs haben sich professionalisiert, werden vermarktet und können den Blogger*innen ein Einkommen generieren (mittels Werbung, bezahlter Vorträge, Buchverträgen, Spendenkampagnen etc.). Quasi alle Zeitungen haben inzwischen auch Onlineportale. Es gibt kaum noch einen Grund, in seiner Freizeit ein Blog zu schreiben. Was früher vor allem ein Hobby war, ist inzwischen ein Job geworden. Menschen, die noch immer nur hobbymäßig ins Internet schreiben, gibt es so viele Social Media Kanäle, da wird völlig unklar, wofür eigentlich noch ein eigenes Blog irgendwo gehostet und gewartet werden sollte.

Manchmal sehne ich mich nach der Zeit zurück, in der Twitter (für mich) ein Netzaktivismus-Newschannel gespickt mit Links zu tatsächlichen Nachrichten (veröffentlicht vor allem in Blogs). Aber die Entwicklung selbst ist wie sie ist. Und das ist okay.

Auch die re:publica hat sich verändert. Ich finde sie unerträglich.

Wo früher Blogger*innen redeten, reden heute SEO-Menschen, “Influencer” und Bundesminister*innen. Daneben war das Programm weitgehend belanglos. Das mag ein bisschen daran liegen, die große “alle Menschen sind plötzlich im Internet”-Zeit schon 10 Jahre her ist und es darüber nicht mehr viel zu reden gibt. Die Weiterentwicklung des Internets ist zur Aufgabe von Großunternehmen geworden. Und die re:publica versteht sich offenbar nicht mehr als Plattform für User*, sondern als Marketingplattform für Unternehmen und Regierung. Dabei wird Regierung eine Bühne gegeben, obwohl sie weiterhin Grund- und Freiheitsrechte beschneidet.

Die Stände auf der re:publica gehören (Groß-)Unternehmen, politischen Stiftungen und Landesvertretungen. Von Zivilgesellschaft oder Blogger*innen ist wenig zu sehen. Gefühlt war ich auf einem Ableger der CeBIT: eine Messe mit massiver Materialschlacht. Freibier und Sticker statt Inhalte. Das Design der #rp17 war von Protestschildern dominiert. Die Protestschilder wurden zu Werbeschildern.

Das Motto der re:publica “love out loud”, inspiriert von Kübras Talk “Organisierte Liebe” letztes Jahr will mehr Liebe ins Netz bringen. Aber wie haben die Veranstalter*innen sich das genau gedacht? @lasersushi hat ihre Erfahrungen mit Hate Speech und Belästigung aufgeschrieben und beeindruckenderweise macht die re:publica: nichts.

Ich kenne die Hintergründe dieses Falls nicht und kann auch kein Urteil über den Vorfall selbst fällen - aber, dass die Organisator*innen dazu keine Stellung nehmen, spricht nicht dafür, dass sie dieses Thema besonders ernst nehmen.

Der Code of Conduct ist schwach formuliert und offenbar gibt es genau eine Ansprechpartnerin. Andere Veranstaltungen haben Awareness-TEAMS.

Inklusion und sichere Orte werden nicht mit einem Text geschaffen, sondern mit Inklusion und sicheren Orten. Wo aber war die LGBTIQ-Lounge? Gab es einen Gebetsraum? Oder überhaupt ein ruhiger Ort, der nicht von allen Seiten zugedröhnt wird?

Ich überlegte vorab, ob ich nicht in High-Heels kommen wolle. Physisch wäre mir sicher nichts passiert (mit den High-Heels bin ich 2,03m groß), aber ich wäre Vorzeigeobjekt geworden, wie “inklusiv” die re:publica doch ist. Ich wäre massiv fotografiert worden und sicher hätten sich auch Menschen über mich lustig gemacht, zumindest aber hätte ich einige merkwürdige bis herablassende Blicke geerntet. Vielleicht wäre das nicht passiert, aber das ist, wovor ich Angst hatte und warum ich Mittwoch nicht kam - und schon gar nicht in High-Heels.

In diesem Szenario hätte geholfen: Normalität - so viel Normalität, dass einzelne Menschen nicht mehr zu Vorzeigeobjekten werden - und Rückzugmöglichkeiten.

Und was war eigentlich mit dem Antisemiten, der Twitter zufolge über Stunden auf dem Gelände vor der Station geduldet wurde? Warum wurde nicht die Polizei gerufen? Wenn das schon kein*e Besucher*in macht, dann doch aber bitte die Orga!

Ich frage mich, was die re:publica erreichen will/wollte. Als was versteht sich die re:publica überhaupt? Und was war das Ziel für 2017? Vielleicht stellen sich die Organisator*innen diese Fragen nicht. Müssen sie auch nicht. Die Veranstaltung scheint finanziell auf soliden Füßen zu stehen. Aber ich werde mir kein Ticket mehr kaufen. Für mich war es sicher die letzte re:publica.


Manöverkritik: #brauchtBewegung

- in: politics rant

Es gibt die neue politische Initiative #brauchtBewegung. Sie will “für Gerechtigkeit und Demokratie” zur Bundestagswahl antreten.

Ich denke schon länger darüber nach, ob es nicht an der Zeit wäre, eine neue politische Bewegung zu starten, um dem Rechtsruck etwas entgegen zu setzen:

Manchmal glaube ich, es wäre an der Zei für eine neue politische Bewegung. Und dann denke ich an das letzte gescheiterte Experiment. — Gero Nagel (@zweifeln) January 7, 2017

Dies ist eine Manöverkritik. Ich finde die Idee wirklich gut, neue Bewegung in den Politikbetrieb zu bringen - aber nicht so.

Laura Dornheim meint, dass eine neue Partei keine Lösung ist und auch ich sehe da ein großes Problem mit einer neuen Partei.

Antje Schrupp hat aufgeschrieben, warum es wichtig ist, eine der großen fünf Parteien zu wählen - und argumentiert damit indirekt auch gegen #brauchtBewegung.

Mir erscheint, als wäre den Organisator*innen von #brauchtBewegung nicht so richtig klar, wie Politik funktioniert. Die deutsche Piratenpartei hat durchaus viel bewegt - auch wenn (mit Ausnahme von @twena) nie in irgendeiner Regierungsverantwortung. Der große Erfolg der Piratenpartei, war, dass alle Parteien gesehen haben, dass es ein Momentum für Netzpolitik gab. Transparenzgesetze wurden geschrieben, Internetzensur gestoppt und der Datenschutz hat eine neue europäische Verordnung bekommen. Selbst die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung kam erst, als die Piratenpartei schon weitgehend bedeutungslos war. Das Druckmittel hatte sich aufgebraucht.

Die AfD hat gerade Bundespolitisch sehr viel Erfolg, weil alle Parteien meinen, dass sie mit deren Agenda Stimmen gewinnen könnten. Horst Seehofer scheint mit der CSU die AfD noch rechts überholen zu wollen, aber wie Michael Spreng schon im Mai 2016 schrieb, wird diese Strategie nicht funktionieren. Piratenanhänger wollten immer lieber Piraten wählen (bis sie sich selbst kaputt machten), AfD-Anhänger wollen ihr Original, die AfD, wählen.

Der Punkt ist: Wer die Deutungshoheit hat, kann Politik beeinflussen. Unabhängig von formalen Ämter oder Mandaten.

Erfolgreiche politische Organisationen entstehen aus Momentum heraus. Der Plan “wir wollen in den Bundestag” ist ein schlechter. Politische Ziele sind kein “wir wollen ins Parlament”, sondern sind “wir wollen $konkretesThema”. Wenn das Momentum da ist, verändert sich die Politik insgesamt - und dann ist der Zeitpunkt zu gucken, wie das politische Ziel am besten zu erreichen ist.

Wer von Anfang an gegen die anderen Partein antritt, macht sich diese zum Feind. Wer eine große Bewegung ist, wird von den Parteien umworben, weil alle die Stimmen wollen. Selbst für Wahlen anzutreten, halte ich erst für sinnvoll, wenn klar ist, dass die Bewegung von keiner vorhandenen Partei aufgenommen wird. Solange das nicht der Fall ist, sollte die Öffentlichkeit genutzt werden, um die vorhandenen Parteien in die eigene Richtung zu schieben.

Martin Oetting schreibt, dass #brauchtBewegung eigentlich das gleiche will, wie die SPD. Wenn dem so ist, halte ich es für sehr klug, dass sehr laut zu sagen und sich von der SPD einladen zu lassen. Katharina Barley arbeitet als Generalsekretärin gerade hart daran, die SPD zu öffenen, siehe #openSPD. Mit Martin Schulz als Kanzlerkandidat hat die SPD einen klaren pro-Europäer, der ansonsten bundespolitisch noch recht unbeschrieben ist. Was seine Themen für den Wahlkampf sein werden, ist noch offen. Wenn es gerade irgendwo eine relevante Option gibt, die deutsche Politik vom Rechtsruck zurück in die Mitte, vielleicht sogar nach links zu schieben, dann mit der SPD. Da kommt es auf uns an, die wir uns eine linkere Politik wünschen, laut und deutlich die SPD zu einem linken Kurs zu zwingen.

(Die Linkspartei mit Spitzenkandidatin und Russlandfreundin Sahra Wagenknecht, die offensichtlich eine Querfront mit der AfD gegen Merkel bilden will ist keine Option. Und auch die Grünen, die ihrer Vorsitzenden Simone Peter offen in den Rücken fallen, als diese rassistische Maßnahmen der Kölner Polizei anmahnt, scheinen gerade keine linke Politik machen zu wollen.)


#z2x

- in: rant moderation

Ich war auf dem Festival der neuen Visionäre - organisiert von Zeit Online. Ein Festival für Menschen mit “Idee[n], um das Leben besser zu machen” im Alter von 20-29. Es wurden 500 Leute nach vorheriger Bewerbung eingeladen.

Dieses “Festival” (das eigentlich eine Konferenz war) hat für mich aus mehreren Gründen nicht funktioniert und ich will aufschreiben, warum.

1. Kommunikation

Mir wurde nicht klar, was genau Zeit Online mit diesem Festival erreichen wollte.

Mein Verständnis war: neue Gesellschaftsvisionen diskutieren; einen positive Ausblick auf eine Welt richten, die gerade wirkt, als würde sie untergehen. Eine Veranstaltung die sich vor allem an Aktivist*innen richten.

Dem war offenbar nicht so. Mein Eindruck der Leute war eher links-alternativ bis liberale “irgendwas mit Medien”-Menschen, aber insgesamt wenig aktivistisch. Irgendwie wollten schon alle die Welt verbessern, aber kaum wer hatte einen konkreten Vorschlag, wie die Welt denn nun besser wäre.

Wenn es ein vorher definiertes Ziel dieser Veranstaltung gab, warum wurde es nicht offen kommuniziert? Wäre mir der Ablauf im Vorfeld klarer gewesen, wäre ich nicht hingegangen.

Zudem war die Website unübersichtlich. Die aufgehängten Session-Pläne waren zu klein und beinhalteten keinerlei Infos außer dem Namen der Session. Jede*r bekam einen Gebäudeplan um sich zurecht zu finden. Warum gab es nicht auch einen Sessionplan? (Und Internet via WLan funktionierte nur ~50% der Zeit - ber das ist ja eher normal auf Konferenzen.)

2. Programm

Schon als der erste Entwurf des Programms veröffentlicht wurde, war ich eher … unbeeindruckt. Vielleicht liegt das daran, dass ich die letzten sechs Jahren auf etwa 50 verschiedenen politischen Konferenzen war und mit der openmind-Konferenz zwei Jahre lang selbst ein Programm für eine Konferenz gemacht habe, bei der es sich vor allem um politische Visionen dreht.

Vielleicht liegt es auch daran, dass es keine richtigen Vorträge gab und es daher schwierig wird, einem Thema wirklich auf den Grund zu gehen. Die “Frag mich alles”-Sessions liefen besser als erwartet (siehe meinem Blogpost über das Session-Format “Frag mich alles”) - aber wirklich Tiefgang haben sie trotzdem nicht erreicht. Die Workshops habe ich gar nicht verstanden. Inzwischen sollte doch allgemein bekannt sein, dass “Brainstorming” in Gruppen keine besonders guten Ideen hervor bringt. Zumal: wenn Menschen mit eigenen Visionen zum Festival kommen, warum werden sie mit Workshops und ganz anderen Aufgaben belagert, statt an ihren eigenen Ideen zu arbeiten? Oder diese zumindest miteinander zu diskutieren? (Warum wurden bei der Bewerbung nicht die eigenen Visionen abgefragt, sondern nur ob/welche Session angeboten wird?) Die Workshops waren 2h lang - und es liefen nur Workshops parallel. Warum konnten Teilnehmende nicht auswählen, ob sie in Workshops gehen, oder Vorträge hören? (Warum gab es als Vorträge überhaupt nur die 5min-Blitzvorträge, die Themen allenfalls anreißen, nicht aber umfassend bearbeiten können?) Und was passiert jetzt im Nachhinein mit all dem Workshop-Output? Kam da irgendeine Idee zustande, die tatsächlich noch weiter verfolgt wird?

3. Location

Das Radialsystem ist zu klein für 500 Leute in vielen verschiedenen, parallel stattfindenden Sessions - insbesondere wenn etwa die Hälfte in den kleinen Räumen oben durch die engen Treppen stattfindet. Es war gut, dass zumindest unten schon abgefangen wurde, wenn die gewünschte Session schon voll ist, aber befriedigend war das nicht. Zudem war es nirgendwo gemütlich. Alles wirkte etwas überlaufen und hatte eher Messe-Feeling. Auf Messen können Dinge verkauft werden, aber da werden keine neuen Visionen entwickelt.

4. mediale Omnipräsenz

Auf einer Veranstaltung einer Medienorganisation wird entsprechend interviewt, gefilmt und fotografiert. Hätte ich auch vorher drauf kommen können, machte die Atmosphäre aber nicht unbedingt entspannter. Ich hatte vor, selbst einzelne Leute für eine Podcast zu interviewen, was sie so machen und warum - aber die Idee habe ich sehr schnell verworfen. Vor allem wegen der schon vorhandenen medialen Omnipräsenz und dem Mangel einigermaßen ruhigen, entspannten Räume.

5. Freibier

Die Abendveranstaltung bestand im Wesentlichen aus Freibier. Das wirkt mir eher nach einem Junggesellenabschied, als nach einer visionären Veranstaltung. Nichts gegen Party, Alkohol und Drogen - aber mir fällt keine Veranstaltung ein, bei der die Gespräche durch Freibier spannender wurden. (Ich bin dann auch gegangen.) Essen ist teuer und die Portionen sind klein, aber der Alkohol ist umsonst. Ich verstehe das nicht.

6. wenig neue Ideen

Dafür, dass es das “Festival der neuen Visionäre” war, habe ich wenige visionäre Ideen wahrgenommen. Wenige Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit (Klimawandel, Digitalisierung, Arbeitsveränderung, Überalterung der westlichen Welt, Suizid, Rassismus, Schere zwischen Arm und Reich, Kriege, Seuchen, …). Das Bedingungslose Grundeinkommen wurde diskutiert. Ansonsten gab es einige Initiativen, aber ich nahm weiter nichts Visionäres war. Die drei weiter geförderten Ideen sind ein geschenktes Interrail-Ticket zum 18. Geburtstag um Jugendlichen mehr Europa zu zeigen (Woohooo \o/), Jugend Rettet - eine Rettungsaktion um weniger Menschen im Mittelmeer ertrinken zu lassen (sehr gut und wichtig) und “Köln spricht”, eine Initiative die politische Beteiligung erleichtern soll. Alle drei klingen gut und sinnvoll - sind aber keine gesellschaftlichen Visionen. Insgesamt hatte ich den Eindruck, dass es eher um ein “ihr könnt euch einbringen” als um neue Visionen ging.

Was gut war

Es gab einige spannende Leute - und spannende Gespräche (außerhalb der Sessions). Und die Sessions wurden gut moderiert.

Fazit

Für Menschen, die gerade auf ihrer ersten Konferenz gewesen sind, mag das ein schönes Erlebnis gewesen sein. Ich fand es eher sehr ernüchternd bis nervend. Und hätte es wirklich schön gefunden, wenn im Vorfeld klarer kommuniziert werden wäre, dass die Konferenz nichts für Menschen ist, die sich schon länger mit politischen Visionen beschäftigen.

Ich habe diesen Text u.a. geschrieben, weil mich die mangelnde öffentliche Kritik nervt und ich zumindest ein paar Anregungen geben will, was nicht so toll lief.


Uni Rant

- in: personal rant science

Universitäten nerven mich. Ich habe bisher an vier verschiedenen Universitäten - Uni Freiburg, HU Berlin, FU Berlin und Fernuni Hagen - in vier Studiengängen sechs verschiedene Fächer - Philosophie, Kognitionswissenschaften, Mathe, Informatik, Chemie und Kulturwissenschaften - studiert.

Ich bin gerade durch mein erstes Modul in der Fernuni durchgefallen - mit einer Hausarbeit. Dass ich durchgefallen bin, stört mich kaum, aber das wie stört mich sehr. Ich habe mir ein sehr großes und nahezu unerforschtes Thema für die Hausarbeit gesucht, habe eine durchaus experimentelle Hausarbeit geschrieben, in der ich mich verschiedener Theorien bediente, weil ich keine passende gefunden habe mit dem starken Verdacht, dass es keine passende gibt. Ich habe zu lange nach eben dieser Theorie gesucht und mir deutlich zu wenig Zeit für das eigentliche Schreiben gelassen. Die Hausarbeit ist zu kurz, allenfalls mäßig gut formuliert, beinhaltet noch Tippfehler und ich habe mich vom ausgehandelten Thema etwas entfernt, weil ich vor allem über die Grundlagen zum eigentlich abgemachten Thema schrieb. Für das abgemachte Thema musste ich mich auf irgendwelche Grundlagen beziehen, die es noch nicht gibt. Zudem fehlte mir die Zeit, mich noch tiefer in das Thema einzuarbeiten.

Dass eben dieses kritisiert werden würde, war mir klar und ist auch völlig okay. Was mich nervt, ist der Punkt, dass es in der Bewertung der Hausarbeit null darum geht, was ich erforscht habe. Denn ja, in der Tat habe ich ein Thema erforscht, dass es bisher als solches nicht gibt: der kulturelle Unterschied zwischen dem Dorf- und Stadtleben. (Dass es einen Unterschied gibt, ist recht offensichtlich, aber woran dieser nachgewiesen oder gar gemessen werden kann, dazu habe ich keinerlei Theorie gefunden.)

Nun ist es Ansichtssache, wofür die Uni genau da sein soll. Und offensichtlich habe ich eine andere Ansicht, als der Großteil der Mitarbeitenden aller Universitäten, an denen ich studierte.

Oft wird kritisiert, dass die Universitäten zu theoretisch und praxisfern sind. Das Erlernte helfe im späteren Job allenfalls minimal. Auf der anderen Seite wird auch oft kritisiert, dass Universitäten zu Masseneinrichtungen verkommen sind. Bachelor und Master wurden eingeführt, die Universitäten mit der Bolognareform verschult.

Ich glaube, ein Problem ist, dass Universitäten beides zugleich sein wollen: Masseneinrichtungen und Elfenbeinturm, Ausbildung und Wissenschaft. Beides schließt sich gegenseitig aus. Das ist das Dilemma der Universitäten. Es führt dazu, dass der Unialltag bürokratisiert wird. Es geht nicht darum, etwas erforscht zu haben, sondern darum, formale Anforderungen zu erfüllen. Akademische Texte sollen keinen Wissenszuwachs generieren, sondern Nachweise über erbrachte Arbeitsleistungen sein. Die Bewertung obliegt allein der Lehrperson. Neben der Bürokratie geht es folglich (zumindest in Teilen) darum, eine Arbeit zu produzieren, die dieser Lehrperson gefällt. Ein klassisches Schüler*-Lehrer*-Verhältnis. Ausbildung. Ich tue, wie es der*die Lehrer*in mir sagt.

Alles andere benötigt viel Zeit, die es in den Masseneinrichtungen nicht mehr gibt. Auf der anderen Seite halten die Universitäten ihre “Wissenschaft” hoch, ihren akademischen Habitus. Sie seien natürlich keine Massenausbildungen, sondern alle besonders renomierte Universitäten, die alleine das Wissen verwalten. Wer nicht dem akademischen Habitus folgt, kann auch keine Wissenschaft betreiben, kein Erkenntnisse hervorbringen. Ohne formal korrekte Zitationsweise, kann es keine Erkenntnisse geben.

Ich will nicht sagen, dass die Zitationsweise egal ist - ganz im Gegenteil. Ordentliches kenntlich machen, woher welche Erkenntnis stammt halte ich für sehr wichtig. Der akademische Habitus aber führt dazu, die Arbeiten von Ghostwritern in Auftrag geben zu lassen. Ich kann mir meine Arbeitsleistung erkaufen, von den Expert*innen, die genau so zitieren können, wie der*die Dozentin es haben will. Ein professionelles Lektorat für Hausarbeiten scheint inzwischen normal zu sein.

Lange fühlte ich mich an der Fernuniversität sehr wohl, weil mir dort dieser Habitus nicht begegnete, vermutlich durch den wenigen Kontakt zu Dozent*innen und Kommiliton*innen. Jetzt, wo ich nur noch Hausarbeiten und Bachelorarbeit vor mir habe, ist er wieder da und ich denke darüber nach auch das vierte Studium aus dem selben Grund abzubrechen.

Ich habe die letzten sechs Jahre, seit dem ich studiere wirklich viel gelernt. Vor allem, weil mich Dinge interessierten und ich diesen hinterher forschte; weil ich viel ausprobierte und mit vielen klugen Menschen viele kluge Gedanken austauschte. Das alles aber fast ausschließlich außerhalb der Uni. Die letzten sechs Jahre fühlte sich die Universität oft hinderlich an, bei dem Versuch tatsächlich etwas zu lernen oder zu erforschen.

Und jetzt werde ich weiter über Theorien des Improtheaters lesen, obwohl ich nicht weiß, ob ich die jemals in Creditpoints verwandeln kann.


Warum das mit der Netzpartei falsch ist

- in: politics rant

Netzpolitik ist unterkomplex. Es geht nicht um Netzpolitik, es geht um Politik. Das Internet ist ein sehr spannendes Phänomen und bedarf einer guten Regulierung. Da hinein gehören Datenschutz, das Unterbinden von Zensur und Netzneutralität. Das Phänomen Internet stößt sich am derzeitigen Urheberrecht, so lässt sich auch da eine Reform fordern.

Damit ist das Internet aber nicht politisch abschließend behandelt. Das Internet drängt auch in Bildungs- und Sozialpolitik, in Wirtschaft- und Medizienpolitik. Aus der technischen Erneuerung “Internet” folgen weitere Phänomene wie dem “Peak Labour”. Das Phänomen “Internet” lässt sich nicht ohne die Gesellschaft denken, die es nutzt und prägt. Politische Forderungen können nicht am Netzwerkkabel enden. Es gibt auch kabellos Internet. Und es gibt auch Menschen ohne Internet. Wir müssen Politik umfassend denken.

Lange haben wir uns unsere eigenen Untergrund gebaut “im Internet”. Wir müssen erkennen, dass es diesen Untergrund nicht mehr gibt und Politik komplexer ist, als nur seine Spielwiese zu verteidigen. Es ist richtig und gut komplexere politische Forderungen zu entwickeln und zu vertreten.

Kommentare

von: Gero

Ich habe keine Idee, wie wir langfristig Handelsabkommen unterbinden wollen, die auf das Internet negativ auswirken, ohne eine neue Wirtschaftspolitik zu konzipieren.

von: @buntomat

Jetzt stellt euch nur einmal den Vorstand einer solchen Netzpartei vor, die versucht mit Hilfe des Internets Politik zu machen, aber die Regeln des Internets nicht verstanden hat bzw. diese ständig missachtet. Dieser Vorstand würde vermutlich versuchen, den durch das Internet entstehenden Kontrollverlust zu begrenzen, in dem es Macht auf seine Mitglieder ausübt, um die Partei auf eine Linie zu bringen. Das wird nicht gelingen, weil die Regeln im “Digitalen Zeitalter” nun mal ganz andere sind.

Nur gut, dass es keine Netzpartei gibt.

von: Tobias C.

Hi, der schöne Unterschied zwischen kompliziert und komplex ist, dass ich das Komplizierte, auch wenn ich mir u. U. viel Mühe bereitet, vollständig erklären kann. Dies kann im Komplexen nie klappen. Hier bin ich gezwungen, modellhaft zu denken und zu vereinfachen.

Du kannst zu recht darauf hinweisen, dass da “im Internet” alles mit allem zusammenhängt. Nur ist es dann leider so: Wenn ich weiß, dass alles miteinander zusammenhängt, weiß ich letztlich nichts!

Wenn wir uns also nicht in die Reihe einer Politik vom alten Schlag einreihen wollen, dass heißt in die Schlange von nichts genau wissenden Generalisten, halte ich es für völlig legitim, sich auf Kernbereiche zu konzentrieren. Wir sollten uns zuvörderst da bewegen, wo wir glauben, echte Fragen und Probleme identifiziert zu haben, zu denen wir den Menschen echte Antworten liefern können.

Alles andere ist Zusatz, bei dem wir demütig annehmen sollten, dass die Generalisten anderer Parteien genauso falsche wie richtige Antworten liefern können, da sie die Komplexität nicht besser oder schlechter verstanden haben werden, wie wir.


Piratenpartei - Postdemokratie

- in: politics rant

Seit Wochen wird in der Partei gesülzt. Dieses Gesülze (allem voran die Überbewertung der FDGO) ist im platonischen Sinne leer.

Die Begrifflichkeiten, die genutzt werden dienen nur als gut klingende Superlative. Es ist häufig unklar, was die Begriffe überhaupt bedeuten. Die Aushöhlung von Begriffen ist ein fundamentaler Pfeiler der Postdemokratie im Sinne von Colin Crouch.

Was also seit Wochen in der Partei diskutiert wird ist leer, weil bedeutungslos, und führt in die Postdemokratie.

Es geht nur noch um Superlative und Wichtigtuerei. Es geht darum noch krassere Begrifflichkeiten zu finden (“Stalinismus” & “Nazi”).

Diese “Diskussionen” sind keine Diskussionen. Philosophisch ist es nicht mal ein Dialog. Es findet keine Vermittlung statt. Es ist leer, wie Merkels Null-Phrasen.

Das ist es, wo die Piratenpartei angekommen ist. Wollt ihr das?

Wenn nicht: lasst es. Lasst das leere Diskutieren sein. Denkt darüber nach, welche Begriffe ihr nutzt. Denkt die Begrifflichkeiten nach. Ihr müsst keine Neuen erfinden, es reicht, wenn ihr die Gedankengänge vorheriger Denker nachdenkt. Ohne Denken gibt es keinen Dialog. Wir waren mal die, die “Denkt selbst!” plakatierten. Es wäre schön, wenn zumindest “Denkt nach!” in der Partei funktionieren würde.

P.S.: Im Übrigen wird die FDGO gerade ausgehüllt. Wenn ihr nicht wisst, wohin mit eurer Empörung, richtet sich doch bitte dahin.

Kommentare

von: Gero

Ich schrieb auch nicht, dass in der Partei *nur* gesülzt wird. Klar gibt es auch komplexere Argumentationen, derzeit aber extrem viel Übergeneralisierung, unzureichende Verkürzungen und leere Phrasen.

von: SD

Es werden ja nicht nur Schlagworte benutzt. Ich schätze mal der Eindruck entsteht, da z.B. auf Twitter aufgrund der Zeichenbeschränkung komplexe Sachverhalte oft zwangsweise in (auch nicht immer 100% passende) Schlagwörter gefasst werden müssen. Und da diese häufig auch Reizwörter sind, bleiben sie eben eher im Gedächtnis, als ausführlichere Darlegungen.

Was den Stalinismus angeht, kann ich das nicht genau aufklären. Ich verwende den Begriff nicht, weil ich ihn unpassend finde. Mein “educated guess” wäre allerdings, dass es sich auf die politische Verfolgung von Abweichlern von der reinen kommunistischen Lehre zu Zeiten Stalins bezieht. Offenbar empfinden einige den Umgang mit Leuten, die sich nicht das von sehr links orientierten Parteimitgliedern gewünschte Verhaltensschema aneignen wollen, so. Wohlwollend könnte man es wohl als Stilmittel der Übertreibung, um einen Punkt zu machen, einordnen. Sonderlich konstruktiv finde ich den Begriff allerdings nicht. Wenn du es genau wissen willst, wirst du jemanden fragen müssen, der den Begriff verwendet.

von: Gero

Wenn nur Schlagworte benutzt werden - ohne es jemals konkret zu machen - schon. Aber vielleicht magst du mir ja erklären, was genau mit dem “Stalinismus”-Vorwurf gemeint sein soll? Was ist das denn? Stalinismus?

von: SD

Nur weil dir nicht klar wird, was andere zu sagen versuchen, ist es noch lange nicht “leer”.


FDGO-Rant

- in: politics rant

Die freiheitlich-demokratische Grundordnung ist gut. Das Grundgesetz ist gut. Eine Überbewertung sollte trotzdem nicht stattfinden.

Seit Tagen geht die durch meine Timeline. Gestern kurzrantete ich dazu unterkomplex (und löschte ihn deshalb später wieder), heute ausführlich.

Schon interessant der Rückgriff auf Gesetze als letzte moralische Instanz.— OA (@oasenrasen) March 12, 2014

Die Forderung, dass die Piraten sich auf die FDGO besinnen sollen, ist quatsch. “Wir” sind die Grundrechtspartei. Mehr FDGO geht nicht. Es ist sogar wichtig, davon einen gewissen Abstand zu waren, denn eine Überbewertung führt dahin, was die FDGO selbst verhindern soll: den Totalitarismus.

Totalitarismus ist der Zustand den eine Gesellschaft einnimmt, wenn alles Handeln der gesamten Gesellschaft sich einer “totalen” Ordnung unterwirft.

Um Totalitarismus zu verhindern, ist es wichtig, einer Gesellschaft Rückzugsräume zu lassen. Um Totalitarismus zu verhindern ist es wichtig, dass Menschen sich ins Private zurückziehen können und auch anonymes handeln muss möglich sein. Das ist der Grund, warum wir uns gegen Totalüberwachung wehren. Totalüberwachung (wie z.B. die Vorratsdatenspeicherung) sorgt dafür, dass eine Gesellschaft ihre Rückzugsräume verliert und eine Ordnung sich “totaler” auf die Gesellschaft auswirkt. Dies gilt es im Sinne der Demokratie zu verhindern.

Wer auf einer einzelnen Rechtsordnung (wie der Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung) einen gesamten Staat begründet, wird einen totalitären Staat begründen.

Das Rechtssystem im Rechtsstaat ist ein gemeinschaftlich ausgehandeltes System und gilt mittels Verfassung (Grundgesetz) für alle Menschen, also auch für die, die konkrete Rechtsnormen ablehnen.

Moral ist die innere Freiheit eines Menschen. Moralische und rechtliche Gesetze können unterschiedliche Handlungen schlussfolgern. “Im Zweifel für die Freiheit” und “Im Zweifel für die Pluralität der Meinungen” bedeutet, dass die moralische Handlung im Zweifel richtig ist und über der Handlung der Rechtsnorm steht.

Etwas polemisch, aber sehr schön hat dies @jselzer auf der Sigint 2012 ausgeführt (ab 22:08):

Es geht nicht um das Gesetz, sondern um die Gedanken, die ins Gesetz einst eingeflossen sind. Es ist in Ordnung, sich im Zweifel darauf zurück zu ziehen, aber die Welt verändert sich und Gesetze müssen anpassungsfähig bleiben. Wenn kein Zweifel besteht, sondern ein ernsthaftes Problem, ist es wichtig, sich nicht der Gesetzestreue zu unterwerfen, sondern das moralisch Gute zu tun.

Kommentare

von: Gero

Stimmt, my bad. Ich hab’s raus genommen.

Worauf ich eig hinaus wollte, ist das der FDGO eine Regelung fehlt, die eigene Perversion zu unterbinden - was in Widerstand gegen die FDGO enden muss. Es lässt sich verargumentieren, dass das Beseitigen natürlich auch in der Perversion besteht (wie gerade Geheimdienste derartige Persionen sind), aber das derailt den Punkt und führt selbst zur Überbewertung.

von: Stefan

Das Widerstandsrecht gilt ja gerade nur dann, wenn die FDGO beseitigt werden soll. Wo du gerade reklamierst, Begriffe richtig zu gebrauchen. #justsaying

von: lawgunsandfreedom

Den 20/4 kann man in der Pfeife rauchen. Warum, das habe ich hier gebloggt (2. Hälfte des Textes): http://lawgunsandfreedom.wordpress.com/2013/09/13/gewaltmonopol-und-die-paragraphen-32-35-stgb/

von: lawgunsandfreedom

Nix gegen das Grundgesetz und die FDGO (im Gegenteil), aber wie wäre es mal mit einer echten Verfassung, in der man die inhärenten und teilweise historisch gewachsenen Fehler ausbügeln und weglassen könnte?


Statement

- in: politics rant

Ich habe gestern Abend ein Statement geschrieben:

Die Würde des Menschen ist unantastbar. Die demokratische Willensbildung darf niemals unterdrückt werden. Die Menschen sind der Souverän. Regierungen und Verwaltungen sind eine Dienstleistung für Menschen, um ihnen die Möglichkeiten zu geben, sich selbst zu organisieren. Es widerspricht dem Gedanken der Demokratie zutiefst, sich gegen diese Menschen zu stellen. Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Wenn sich die Staatsgewalt gegen die Menschen stellt, ist die Grundlage der Demokratie zerstört. Im Zweifel für die Freiheit. Im Zweifel für die Pluralität der Meinungen. Wir fordern dazu auf, anhand dieser Grundsätze tiefgehende Demokratisierungsprozesse einzuleiten und alles Handeln der Exekutive streng demokratisch zu kontrollieren. Im Übrigen hassen wir Faschismus.

@tollwutbezirk und ich wollten ein Statement zu den Protesten auf dem Maidan schreiben. In einem Piratenpad. Halbfertig ging das Pad in den Orgastreit. Dann schrieb ich ein neues Statement. Es wurde genereller. Es ist ein Statement, dass sowohl Janukowitschs Rücktritt fordert, als auch klar macht, dass wir uns mit den Demonstrierenden solidarisieren und uns gleichzeitig von den ebenfalls dort demonstrierenden Nazis distanzieren.

Es ist auch ein Statement zum #Bombergate: “Im Zweifel für die Freiheit. Im Zweifeln für die Pluralität der Meinungen”.

Meinung ist eine politische Äußerung im bereich der qualifizierten Freiheit. Meinung ist ein Vorschlag, wie die Welt besser sein könnte. Meinung ist nur so lange Meinung, wie sie nicht tiefgehend in das Leben eines anderen Menschen eingreift. Mobbing, Verleugnung, Beleidigung ist keine Meinung.

Ich schrieb im letzten Mai: Piratenpratei - fail by design. Ich muss mich korrigieren. Ich erkenne kein Design. Ich erkennen nur noch fail. Die Piratenpartei ist eine Akkumulation von Antipattern - von Ansammlungen, wie es nicht gemacht werden sollte. Und ich habe keine Ahnung, wie sich dies beheben lässt.

Die Partei arbeitet fast ausschließlich mit Ehrenämtern. Es gibt keine Möglichkeit ehrenamtlich tätigen Personen gegenüber Weisungen zu geben und Konsequenzen zu ziehen. Diese Ehrenämter sind unsere Regierung und die drehen gerade durch - und wir haben keine Möglichkeit sie wieder einzufangen. Womit soll der BuVo der IT denn drohen? Die IT hat den BuVo in Geiselhaft genommen - aber die IT haben wir nie gewählt, geschweige denn, dass wir (die Basis) ihnen gegenüber weisungsbefugt sind. Wir brauchen auch intern die Demokratisierungsprozesse unter strenger demokratischer Kontrolle.

Die Piratenpartei ist nicht arbeitsfähig. Einzelne Mitglieder können einzelne Themen bearbeiten und erzeugen damit regelmäßig wirklich gute Aktionen, aber die Partei als Struktur ist zerstört. Es geht nicht mehr.

Kommentare

von: Gero

Antipattern.

von: Sebastian

An der Pluralität der Meinungen scheint es gerade nicht zu mangeln. Ich kann viele verschiedene Meinungen wahrnehmen. Die Frage ist halt, ob da auch eine konsensfähige dabei ist. Ich vermisse da auf beiden Seiten die Bereitschaft, das jeweilige Gegenüber als legitimen Gesprächspartner mit legitimen Gründen für die jeweilige Meinung anzuerkennen.

Organisations- bzw spieltheoretisch ist das Problem wohl, dass die “Pöbelstrategie” gegenüber der “kollaborativen Strategie” zur Zeit erfolgversprechender ist. Damit werden mittelfristig alle Spieler entweder diese Strategie wählen oder aber aus dem Spiel ausscheiden.

Um diesem Antipattern entgegenzutreten, müsste man die Spielregeln so ändern, dass die Pöbelstrategie weniger erfolgsversprechend wird. Das kann nur dadurch passieren, dass die Basis konsequent diese Strategie ächtet. Wer auch nur ansatzweise shitstormt, darf nicht gewählt werden. Idealerweise auch nicht retweetet, nicht gefolgt, nicht gefavt, kein gar nichts. Da ist es auch egal, ob ich den Pöbler als “meinem Lager” zugehörig empfinde. Dieser Erkenntnisprozess wird wohl noch etwas dauern.

Es gibt demnächst auf der LMVB die Möglichkeit dazu, bei der Wahl auf die bisherigen Kommunikationsformen der Kandidierenden zu achten. Das sollte man tun.

von: @FBMri

Ist die Tatsache, dass die (verantwortlichen) Berliner Piraten ihre Support für LQFB-Plattformen quasi eingestellt haben eigentlich auch #Orgastreik?

von: Gero

Ja.

von: nicht lesen

naja wer hat denn den buvo gewählt? einige privilegierte mit genügend zeit und geld.


#FsA13-Rant

- in: politics rant

Die “Freiheit statt Angst”-Demo ist eine besonders perfide Erscheinung. Zum einen sind mir die Themen dieser Demo wirklich wichtig (ich war zwei mal selbst im Orgateam), zum anderen läuft da so viel schief, dass ich nicht anders kann, als diesen Rant zu schreiben.

Die Situation ist, dass wir alle eigentlich viel vereinter zusammen stehen müssten, um aus dem riesigen Überwachungsskandal etwas zu bewegen und dafür zu sorgen, dass sich wirklich was verändert. Und ich bin überzeugt davon, dass wir, die “Netzgemeinde”, das eigentlich könnten.

Und dann kommen da die vielen vielen kleinen Fehler, die dafür sorgen, dass das alles nichts wird. Und diese vielen vielen kleinen Fehler, waren absehbar, was mich noch mehr aufbringt, denn ich weiß, dass es besser gehen könnte.

  1. Ist der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung als Veranstaltungsorganisation von der DigitalCourage unterlaufen. Ein Großteil der AKV-Mitgstreiter sind von der DigitalCourage bezahlte Mitarbeiter\*innen. Die ganze Demo wurde in einen Spendenmarathon für DigitalCourage verwandelt. Ich behaupte, dass der Hauptgrund für die Demo die äußerst klammen Kassen der DigitalCourage ist. Zudem halte ich die Organisation für bigott. Sie ist \*die\* Datenschutzorganisation, aber ihre Newsletter habe keine opt-out Funktion. Auf eine Mail hin haben sie immerhin reagiert, auch wenn ich gerne gewusst hätte, wie mehrere meiner Mailadressen in ihre Verteiler kamen. Sie schafft es seit Jahren nicht, ihren eigenen Ansprüchen gerecht zu werden, so fehlt z.B. im Transparenzbericht die Telekom mit ihrer 150.000€-Spende
  2. Hat padeluun auf mehreren Ebenen seine Integrität verloren. Er ruft zum Zerstören von neuer Technik auf, weil eine Kamera darin eingebaut ist, nutzt aber selbst seit Jahren iPhones - und fordert zeitgleich mehr freie Software. Er ist eine schlechter Moderator im großen (eigene Reden nach den eigentlichen Redner\*innen) und im Kleinen (sehr chaotische Bündnistreffen, unvorbereitetes Erscheinen, teils fehlende Sachkenntnis).
  3. Fehlt das Fingerspitzengefühl für Bündnispartner. Dass der CCC erst 3 Tage vorher für die Demo aufruft spricht Bände. Redner des CCC haben abgesagt. Das Problem ist Hausgemacht, so haben auf einem Bündnistreffen im Mai sich sowohl die Grünen, die DigiGes, die Hedonistische Internationale als auch die Piraten (damals durch mich vertreten) gegen die Demo in dieser Form ausgesprochen. Dass (irgendwie) doch alle mitgemacht haben, liegt an den äußerst glücklichen Umständen des krassen NSA-Skandals.
  4. Hat die FsA (insbesondere padeluun) inzwischen ein merkwürdiges Verhältnis zur Polizei. Er lobt die unglaublich gute Zusammenarbeit (erinnert er sich vlt auch an die Prügelpolizisten von 2009?) und trotzdem lässt er sich 3 Wochen vor der Demo noch einen neuen Demoort vorschreiben, weil er es (vermutlich) auch verpeilt hat, sich den Demoort bestätigen zu lassen. (Solche Dinge müssen fest sein, bevor Plakate gedruckt werden) Und dann trägt die Polizei sogar noch seine völlig übertriebene Angabe von 20.000 Demonstrierenden mit. (Ich schätze es waren tatsächlich 8.000. Vlt auch 10.000 aber mehr waren es nicht.)
  5. Gibt es im Demobündnis keinerlei Konsequenzen für gelebten Antiamerikanismus und Nationalismus, sondern wird sogar noch gefördert. Es wäre ein leichtes auf beides schlicht zu verzichten. Das würde die Forderungen nicht weniger wichtig machen. Und weder mit Antiamerikanismus noch mit Nationalismus will ich identifiziert werden.
  6. Braucht die Bewegung bessere Narrative. Der Begriff "Datenschutz" funktioniert nicht. Was ist denn bitte "Datenschutz"? Werden da Daten mit Stacheldraht vor Algorithmen geschützt? Wie soll das gehen? Und was sind eigentliche Daten? Wir verstehen selbst kaum, was er eigentlich bedeutet, wie sollen es dann erst die Leute verstehen, denen wir das unglaublich komplexe Thema erklären wollen? Es geht nicht um Datenschutz, es geht um Selbstbestimmung und freie Entfaltung des einzelnen Menschen. Ich halte auch das Narrativ der "Überwachung" für kaputt. Ob ich persönlich überwacht werde oder nicht, ist mir tatsächlich egal. Aber ganz und gar nicht egal ist, dass mein Leben kontrolliert wird. Das wird es sowohl durch die Steuer-ID, als auch durch die Schere im Kopf, die entsteht, wenn ich darüber nachdenke, ob es eine gute Idee ist zivilen Ungehorsam auf Twitter zu organisieren. Es geht nicht darum, dass irgendwer mitliest, es geht darum, dass das Institutionen mitlesen, die mein Leben fremdbestimmen können. Es geht um Macht.

Mir ist bewusst, dass dieser Blogpost die FsA in ein sehr negatives Licht rückt und das tut mir auch leid. Aber ich glaube, dass es wichtig ist, die Probleme sehr genau zu benennen, um es dann beim nächsten mal besser zu machen.

P.S. padeluun ist eigentlich ein toller Mensch, nur als Kopf der Bewegung ist er ungeeignet.

Kommentare

von: pluto

Was der slash sagt.

Ak Vorrat ist eng mit foebud / digitalcoueage verbunden. So what? Da “unterwandert” zu sagen impliziert eine Feindschaft. Oder versucht sie zu erzeugen.

Arbeit kostet Geld. Von Teilnehmern zu sammeln ist legitim. Und das padeluun damit was sinnvolles anstellen wird glaube ich ihm jederzeit. Immerhin ist er schon so lang Aktivist wie du auf der Welt bist und ich kenne ihn davon knapp 20 Jahre.

von: V.

Ist der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung als Veranstaltungsorganisation von der DigitalCourage unterlaufen. Ein Großteil der AKV-Mitgstreiter sind von der DigitalCourage bezahlte Mitarbeiter\*innen.

Eigentlich bin ich im Urlaub und habe überhaupt keine Lust auf diese Diskussion: Bitte stelle diese Aussage richtig, bevor du damit noch größeren Schaden anrichtest. Danke.

von: emi

umso größer solche veranstaltungen werden, umso anschlussfähiger werden die inhalte für allerlei kackscheiße. ich denke, deswegen gehen mittlerweile auch viele nicht mehr hin, was ich persönlich gut verstehen kann. dumme promo-demos sind dumm.

von: Slarthy Bartfass

Was gibt es denn an gelebtem Anti-Amerikanismus auszusetzen? Die Politik der Geheimgerichte, Leute ohne Verhandlung auf Jahre wegsperren, foltern usw.usf. ist nichts, was auch noch verteidigt gehört, oder wie jetzt? Das soll nicht heissen, dass man sich damit gegen Amerikaner (also die Menschen) ausspricht, sondern die Policies ihrer Administration. Sie betrachten uns Europäer mit Ausnahme der Engländer doch auch nichts als Freunde oder Partner, sondern im besten Falle noch als Geschäftspartner.

Von daher sehe ich nicht, dass ein Demoveranstalter dagegen vorgehen muss (zumindest solange es keine ‘Schland-Kacke ist). Wegen der anderen Sachen bin ich in weiten Teilen deiner Einschätzung d’accor.

von: Heiko

padeluun hat mit seinem Abstimmungsverhalten in der Enquete-Kommission “Internet und digitale Gesellschaft” schon sehr viel Kredit bei sehr vielen Netzaktivisten verspielt und er hat in danach in meinen Augen wenig bis gar nichts dafür getan, dieses verspielte Vertrauen zurück zu gewinnen.

von: Slash

Dieses “ewige Mimimi, die sind aber böse, 99,99 % sind nicht genug und Person X geht mal gar nicht” ist die Sollbruchstelle einer geeinten Netzgemeinde. Es ist schon ganz schön ironisch, dass ein Blobeitrag der das Who is Who des Zwist-Sähens ausführt im Grundsatz als Plädoyer für mehr Zusammenhalt gedacht ist. DigitalCourage unterwandert… DigitalCourage will doch nur Spendengelder… die Piraten wollen doch nur Wählerstimmen - Einigkeit braucht Toleranz und Pragmatik; was ich jedoch sehe ist, wie einige wenige die Leute links und rechts von sich wie ihre ärgsten Feinde behandeln, obwohl sie doch mit ihnen auf der gleichen Seite stehen - zumindest an diesem einen Tag auf der Straße. So ein Verhalten ist schrecklich dumm, unumsichtig, unreflektiert und politisch instinktlos. So ein Verhalten ist es übrigens auch, was früher mal für viel Stunk bei den Piraten gesorgt hat; es gibt einfach manche Menschen, für die ist jeder “der Feind”, der sich nicht als absoluter Erfüllungsgehilfe ihrer Weltsicht verhält. Traurig ist das. Und unterdessen macht Merkel die Merkelraute und sieht zu, wie sich die Gegenbewegung aufgrund einiger Soziopathen in ihrern Reihen selbst zerlegt. Ich muss ganz ehrlich sagen; die Piraten haben wenigstens mittlerweile dazu gelernt; die Bloggo-Femi-Hackersphäre scheint davon leider noch entfernt. Das Wort heißt Pragmatismus; deal with it.

von: Daniel Lücking

Sachlich vorgetragen und es weckt einige Fragen, die nur dann aufgeworfen werden können, wenn man sich länger mit dieser Entwicklung / Bewegung befasst hat. Die Spendensammlung vor Ort stieß mir auch recht seltsam auf und mich beschäftigte eher die Frage, wie man die Masse erreicht, als wie groß die Masse war.

(Halbwegs) sicheres surfen muss möglich sein - eine sichere, vertrauliche eMail-Kommunikation als Grundrecht von Bürgern angesehen werden und Journalisten müssen sich in die Pflicht nehmen, verlässliche und schutzbietende Anlaufstellen für Whistleblower zu sein.

http://www.medienkonsument.de/2013/09/08/1562/

von: Anna Weber

Die FsA ist leider inzwischen nicht mehr als ein in Aussagelosigkeit erstarrter Traditionsmarsch - wie der Erste-Mai-Umzug, nur mit weniger Gewerkschaftern. Wenn ich mir die Transparente ansehe, kann ich nicht einmal sagen, wofür überhaupt demonstriert wurde. Männer sind Schweine, die NSA auch. Es wundert mich, dass nicht auch noch für die Rückgabe Nordamerikas an die Ureinwohner geworben wurde, hat doch auch irgendwie mit Freiheit zu tun.

“Wir sind hier, wir sind laut” - vor allem letzteres. Laut sein, das ist ganz wichtig. Und ganz viel bedrucktes Papier verteilen, völlig egal, ob’s jemand liest. Hauptsache, man kann damit posen, 10.000 Flyer verteilt zu haben, während man neben dem Transpi herlief und den Promis zuhörte, wie sie über den Lauti ganz tolle Redi hielten.

A propos Zahlen: Warum haben wir nicht gleich behauptet, es waren 100.000 Teilnehmer, ach was, eine Millionen, egal: 10 Milliarden? Und die Praktikanten aus der Zeitungsredaktion übernehmen ungeprüft diese Zahl. Am Anfang schreiben sie noch “nach Teilnehmerangaben”, aber das fällt auch irgendwann weg. So fälscht man Geschichte, und die Presse spielt sogar noch mit.

Manchmal glaube ich, diese angebliche Großdemo ist nichts weiter als ein Ablenkungsmanöver, einzig dazu gedacht, möglichst viele Leute in Vorbereitungsaktivitäten und später in der seligen Annahme, unglaublich viel für “die Freiheit” (was auch immer das sein mag) getan zu haben, zu binden und so zu verhindern, dass sie irgendetwas unternehmen, was wirklich etwas ändern könnte.

von: Alex

Stimmt, eher konstruktive Kritik. Und der kann ich weitestgehend zustimmend - zumindest aus der Entfernung eines Teilnehmenden und Nicht-Beteiligten (organisatorisch). Ich denke es waren auch eher knapp 10.000 Menschen in Berlin am Wochenende beteiligt.

Vergleichen kann man das gut mit den Blockupy-Demos in Frankfurt, da waren über 20.000 Leute da - und auch sichtbarer als jetzt in Berlin. Ich fand die FsA im großen und ganzen in Ordnung, hat viel Spaß gemacht, habe Leute aus dem digitalen Leben in echt getroffen und mit denen gesprochen und ausgetauscht. Fast schon wie eine kleine Loveparade. Von den Sprechern habe ich nicht viel mitbekommen, lag auch daran, das ich nicht wirklich Interesse daran hatte bei einer Demo das zu hören, was ich eh schon weiß. Ist ähnlich wie Bäckermeister zu einer Brotback-Weiterbildung zu schicken.. (einen eigenen Blogpost dazu habe ich auch vor zu schreiben, also zur FsA)

von: Sebastian

Also für einen Rant ist das immer noch sehr freundlich. Danke für das Statement.

von: juna

Das ist kein Rant. Das würde ich als differenzierte Kritik eines Insiders bezeichnen. Danke für die Informationen. (Ändert natürlich nix an meiner Meinung. Wo kämen wir denn da hin;-))


Piratenpartei - fail by design

- in: politics rant

Pyth ist ausgetreten. Ich möchte der Partei global vor die Füße kotzen. Nicht, dass HerrUrbach und Ennomane nicht schon Grund genug gewesen wären. Ich möchte wild um mich schlagen, zetern und die Partei retten. Allein, ich schaffe es nicht. Und dabei bin ich mindestens mitschuldig. Auch ich sitze im Berliner Vorstand mir meinen Arsch platt und bleibe bei schön klingenden allgemien-Blah-Blah (Link zum Archiv der Berliner Liste - ihr müsst dafür Abonnenten der Liste sein). Auf Nachfrage, dass wir als Vorstand auch konkret vorgehen sollen, reagiere ich nicht. Ich hätte gerne geantwortet, ja, machen wir. Ich würde tatsächlich gerne PAVs verteilen. Allein, ich schaffe es nicht.

Nach Rücksprache mit dem Landesschiedsgericht haben wir geklärt, dass wir, der Landesvorstand, PAVs (gut begründet) beschließen müssen, um sie dann dem BuVo zu geben, der das nochmal beschließt, um dann zurück auf Landeseben vor das Landesscheidsgericht zu ziehen und wenn wir wirklich gut nachgewiesen haben, dass ein “großer Schaden für die Partei” entstanden ist, können wir drauf hoffen, dass ein Mitglied aus der Partei ausgeschlossen wird. Und alles, was selbst daraus folgt ist, dass sich das Mitglied nicht mehr auf Veranstaltungen akkreditieren kann. Es darf dort weiterhin auftauchen und es kann auch weiterhin Mailinglisten und Twitter betrollen. Es kann weiterhin Blogposts schreiben und es kann auch weiter behaupten, im Herzen schon immer Pirat gewesen zu sein. Dagegen gibt es keinerlei Vorgehensweise. Es ist schlicht nicht vorgesehen, dass wir oder irgendeine andere Institution irgendwie dagegen vorgehen kann. “Wir sind doch offen.”

Zusammengefasst: wir können den Vorständen und Schiedsgerichten unglaublich viel Arbeit machen um dann formal korrekt festzustellen, dass die rausgeschmissenen Menschen noch immer die Partei kaputt trollen können. Es also auch nichts bringt - bis auf einen haufen Arbeit, für nicht bezahlte Vollzeitjobs.

Es ist in der Struktur der Partei so angelegt. Wir wollten das so. Wir behaupteten, das sei ein Feature. Wir stellen fest, es ist ein Bug. Fail by design. Die Partei besitzt keine Struktur, die es erlaubt, wirksam gegen trollende, hetzende, pöblende Menschen vorzugehen. Und das ist mit Abstand der größte Fail dieser Partei - und ich habe keine Idee, wie und ob wir das wieder gut machen können.

Kommentare

von: Bunki

Ich finde mit WP001 ist schon die Lösung integriert:

Verrückt ist auch normal

Der Bundesparteitag der PIRATEN möge diesen Antrag gegebenenfalls auch modular beschließen und den Inhalt im Programmbereich Psyche einfügen:

Modul 0

Änderung des Programmbereichstitel

Der Wahlprogrammbereich Psyche wird umbenannt in Verrückt ist auch normal.[…]Das Ziel der politischen Arbeit der PIRATEN ist eine größtmögliche Inklusion aller Menschen. Um dieses Ziel zu erreichen, beziehen wir die psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung in unser Programm mit ein. Die Gesundheitspolitik hat die Ziele medizinische und psychosoziale Hilfe zu gewährleisten, eine Behandlung zu garantieren, wo diese nötig ist …

von: corax

Nein. Laut SGO BUND §1 (Abs 2) http://wiki.piratenpartei.de/Bundessatzung#.C2.A71-_Grundlagen

kann kein LV eine abweichende SGO haben die in wesentlichen Punkten abweicht.

Natürlich darf ein Landesvorstand ein PAV beantragen, aber nicht direkt beim LSG sondern erst einmal beim BuVo. Jede niederschwelligere Ordnungsmaßnahme kann er selbst verhängen. Ziel der Regelung ist es, dass der BuVo bei solch schwerwiegenden Entscheidungen informiert ist und sich der Fail mit Bodo Thiesen ‘Ne bis in idem’ http://de.wikipedia.org/wiki/Ne_bis_in_idem nicht wiederholt.

Der LaVo kann ein PAV beantragen, aber beim BuVo, der prüft es und leitet es dann ans zuständige LSG weiter.

verständlich?

von: Gero

Gefühlt bringen “normale” Ordnungsmaßnahmen genau nichts. Davon haben wir inzwischen schon einige verteilt, aber es gibt quasi keinerlei positiven Effekt. Zumal OMen im Allgemeinen nicht-öffentlich beschlossen werden und auch nicht öffentlich zugestellt werden, sodass nur die Betroffenen und wir als Vorstand davon wissen. Pasteiausschluss sagt zumindest ganz deutlich, dass manche Menschen in der Partei nicht willkommen sind.

von: Gero

Ohne Beauftragung oder Amt ist niemand berechtigt, für die Partei zu sprechen. Das ist immer justiziabel. Ob die Person ein Parteiausweis hat oder nicht ist egal.

von: Gero

Mir war dieser Beschluss nicht bewusst. Nun ist er es und ich werde die nächsten Tage und Wochen uns einige Arbeit damit machen, Leute von Mailinglisten zu verbannen.

von: Gero

Es sind zwei Bugs. Der eine ist in der Berliner Satzung, die nicht besagt, dass der Vorstand ein PAV beantragen darf. Das ist unser Berliner Problem.

Der zweite Bug ist (soweit ich das verstanden habe und ich finde das alles einigermaßen verwirrend) die Schiedsgerichtsordnung als Teil der Bundessatzung, die sich nur auf die restliche Bundessatzung bezieht und nicht explizit auf Landessatzungen. In der Bundessatzung steht danach aber nur, dass der BuVo PAVen darf und nicht ein LaVo. Das jedenfalls haben mir neulich unsere Schiedsrichter*innen erklärt. (Und das würde auch erklären, warum das mir einzig bekannte erfolgreiche PAV in MV statt fand, denn da haben sie eine eigene Scheidsgerichtsordnung.)

von: Stefan

Das ist nicht richtig. PAV wird vom Landesvorstand beim Landesschiedsgericht beantragt und von diesem verhängt. Das ist Rechtsprechung des Bundesschiedsgerichts. Alles andere ist Legende.

von: Gero

Danke für den Hinweis des virtuellen Hausverbotes. Mir war schlicht nicht klar, dass wir dazu tatsächlich schonmal Dinge beschlossen haben und kam auch selbst nicht auf die Idee, dazu einfach was zu beschließen. (warum auch immer das nicht von selbst in meinen Kopf kam, weiß ich nicht.) In der Tat haben wir (also unsere Vorgänger*innen) das ziemlich kluges dazu beschlossen: https://wiki.piratenpartei.de/BE:Beschlussantrag_Vorstandssitzung/2011-04-13/03 und genau das werde ich jetzt auf allen MLs, die ich überfliege konsequent durchziehen. Damit hoffe ich zumindest in Berlin an einem besseren Klima arbeiten zu können. Danke nochmal :)

von: Bkill

Muss mich nochmal korrigieren. Ein PAV benötigt die Autorisierung des Bundesvorstands. Frage ist ob man das ändern sollte.

von: Pompeius

Dass ihr PAVs erst noch dem Bundesvorstand vorlegt, ist eine Angelegenheit eurer Berliner Satzung. Andere LVs machen das direkt. Ändert natürlich nichts daran, dass das gut begründet sein muss.

Und natürlich könnt ihr Leute als Ordnungsmaßnahme von Mailinglisten ausschließen, wenn ihr euch da entsprechende Regelwerke gebt. Womöglich haben Parteimitglieder ein Widerspruchsrecht vor dem Schiedsgericht. Nicht-Mitglieder könnt ihr jederzeit ausschließen.

von: corax

PAVs können nur vom BuVo beim zuständigem SG beantragt werden.

§6 (Abs 2) Satz 2

http://wiki.piratenpartei.de/Bundessatzung#.C2.A76-_Ordnungsma.C3.9Fnahmen

Das ist kein Bug der Berliner Satzung, das ist die korrekte Umsetzung der Bundessatzung.

Andere Ordnungsmaßnahmen kann die jeweilige Gliederung selber verhängen.

von: Björn

Psychische Gewalt, z.B. Mobbing sehe ich als vollkommen berechtigten Grund zur Verhängung von Hausverboten. Das IST Gefahrenabwehr. Dass die Dokumentation da vernünftig gemacht werden muss, und das auch durchaus nicht immer ganz leicht abzugrenzen ist - richtig. Die Methode halte ich trotzdem für gerechtfertigt :-)

von: Saliko

Wir können konsequent ignorieren. Jeder einzelne von uns. Wir müssen uns nur jeder dazu entschließen. Bei uns (Sachsen-Anhalt) habe ich den Eindruck, klappt das grade ganz gut. Ignorieren macht auch keine Orga-Arbeit. Bei Veranstaltungen Hausverbote.

von: Oni

Ignorieren ist keine Option. Das hieße, dass Mobber unwidersprochen innerhalb der Partei schlechte Stimmung machen dürfen. Die Angegriffenen *werden* davon verletzt. Das dürfen wir nicht ignorieren.

von: Andreas Romeyke

Ganz ehrlich, jeder Vorstand hat die Mittel sich klar zu positionieren.

Ja, es stimmt, daß wir früher das Problem hatten, Ordnungsmaßnahmen (OM) zu verhängen, einfach weil die Kriterien nicht vorhanden waren. Der damailige Landesvorstand Sachsen ist aber konsequent gegen Leute vorgegangen, die zB. in den Geschäftsräumen der Partei andere angespuckt haben, oder beleidigend wurden. Leider waren es dann Äußerungen von Peukert (scheint ja hinzugelernt zu haben) und Co., die der Meinung waren, diese Maßnahmen wären nicht gerechtfertigt gewesen.

Als Vorstand muß man aufpassen, daß man zum einen Schaden für die Partei abwendet, zum anderen, daß man aber nicht berechtigte, aber unbequeme Kritik sanktioniert. Mittlerweile gibt es ja wenigstens die Diskussion über das Thema und entsprechende Urteile der Schiedsgerichte, die eine Anwendung von Ordnungsmaßnahmen zu lassen.

Dennoch ist es niemals eine leichte Entscheidung. OM zu verhängen bedeutet für einen Vorstand immer auch erheblichen Aufwand, da er ja die Entscheidung (zu recht) dokumentieren und nachvollziehbar und von Schiedsgerichten überprüfbar machen muss.

Die von Occcu ins Gespräch gebrachte Variante der Hausverbote halte ich für ungeeignet, da dort in der vergangenen Zeit genau diese Dokumentation, Nachvollziehbarkeit und Überprüfbarkeit die OMs erfordern nicht sichergestellt wurde. Ich erinnere hier an das Hausverbot an Herrn Plagge, welches zur Piratinnenkon ausgesprochen, bis heute aber nicht wirklich begründet wurde (es gab 3 “offizielle” Statements, die sich widersprachen). Hausverbote wären IMHO nur zur Gefahrenabwehr auszusprechen.

Ich hoffe, ich habe ein wenig zu einer differenzierten Betrachtungsweise beigetragen

Mit freundlichen Grüßen

Andreas

von: Petra

Danke für deinen Beitrag und danke @netnrd für die Anregungen! Hausverbote - virtuelle und reale - finde ich sehr erwägenswert. Trauen wir uns, eine Liste zu veröffentlichen und dafür zu sorgen, dass sie überall bekannt ist? Ich bin dabei, couragierte Leute zu finden, die die anderen darin zu bestärken, klare Kante zu zeigen und wirklich jemanden rauszuwerfen! Und was Mailinglisten angeht: Klare Regeln und entschiedene Admins. Warum klappt das nicht? Was braucht es hier noch, um das umzusetzen?

von: Bkill

Zum Kommentar von Daniel: das ist möglich und sogar nötig! An die die hier dann noch Offenheit einfordern: Personen die es soweit gebracht haben das sie von einem LSG feierlich zu Ex-Piraten ernannt werden haben ihre Chance gehabt! Es gelten nicht die gleichen Regeln wie für nicht Piraten die sich einbringen wollen!

PS: die Tatsache das ihr ein PAV vom BuVo machen lassen müsst ist ein Bug in der Berliner Satzung. In NRW wird das LSG auf Anruf des Landesvorstand sofort tätig!

von: AR

Als Außenstehender, der inhaltlich mit den politischen Zielen der Piraten sympathisiert, sind es diese persönlichen Berichte über das Innenleben der Partei, die interne “Diskussionskultur”, Mobbing, Verleumdungen, falsche Anschuldigungen etc., die mich von einem Parteibeitritt abhalten. Ja, ich habe Sympathien für die Piraten aber ich habe keine Sympathien für eine Partei (und deren Vorstände), die diese Vorkommnisse durch Nichtstun und Totschweigen duldet und akzeptiert.

von: zig

Sry aber “es macht keinen Unterschied” lasse ich nicht gelten. Doch, es macht einen Unterschied. Ich muss mich nicht mehr fragen lassen warum solche Menschen immer noch in der Partei sein dürfen. Ich kann ihnen sagen: Geh weg, du bist hier nicht gewünscht. Ich kann Angegriffenen die Gewissheit geben, dass sie unterstützt werden und sie nicht ohne Halt durch ihren Vorstand dastehen. Ich kann rechtlich gegen diese Menschen vorgehen wenn sie ihre Meinung immer noch im Namen der Partei verbreiten. Und ich als Aussenstehender muss mich nicht mehr fragen warum so ein toller LV wie Berlin solche Idioten duldet…

von: Oni

Einerseits: Ja, neurotische Mobber werden auch von außerhalb Engagierte belästigen. Andererseits: Es macht durchaus einen qualitativen Unterschied ob Menschen von innerhalb der Partei gemobbt werden oder ob offiziell festgestellt ist, dass die Mobber nicht in unsere Partei passen. Davon abgesehen gibt es durchaus andere Ordnungsmaßnahmen die ein Vorstand ergreifen kann, wenn die Hoffnung auf ein erfolgreiches PAV aus seiner Sicht nicht groß genug ist. Auch das setzt ein Zeichen, dass man nicht ungestraft Menschen verletzen darf.

von: @netnrd Daniel Schwerd

Vor allen Dingen kann man ein Hausverbot - also ein Verbot, auf Stamtischen aufzutauchen, aber auch ein virtuelles, also auf Mailinglisten und Foren zu trollen - auch ohne Schiedsgericht ausgesprochen werden. Das kann ein Vorstand einfach so tun, eine Gliederung kann sie auch per Beschluss dazu auffordern. Man realisiert damit die politische Komponente einer solchen Entscheidung: Sich klar zu distanzieren, Position zu beziehen. Die juristische überlässt man den (Schieds-)Gerichten.

Es ist traurig, dass die Partei das nicht begreift, das politisches Handeln, politisches Positionieren auch darin besteht, sich von Brandstiftern und diskriminierenden Personen zu distanzieren. Und es unbedingt sein muss.

von: corax

Legende. Aha. Ich hab den Satzungsabschnitt oben verlinkt. Aber meint ihr alle mal alles besser zu wissen. Hat bei Bodo Thiesen ja auch super geklappt ihr Experten.

von: occcu

Was ist mit Hausverboten? Als Veranstalter haben Vorstände immer das Recht, Hausverbote auszusprechen. Die allein würden vielen Betroffenen schon helfen, weil sie eine gewisse Sicherheit darstellen und unheimlich stark gegen ein Klima der Angst helfen können. Ich selbst war jahrelang nicht auf Veranstaltungen, weil keiner meiner Vorstände sich dazu durchringen konnte. Die Folge war, dass ich nur noch online kommunizierte und die Angst nur immer größer wurde, weil ich nicht in Treffen vor Ort überprüfen konnte, ob mein absolut angstbesetztes Bild dieser Partei noch realistisch ist. Wäre es mir möglich gewesen, solche Treffen zu besuchen, hätte ich viel eher gemerkt, dass bei weitem nicht alle Piraten so sind, wie es in meinem Kopf durch meine Filterbubble wirkte.

von: Gero

Hausverbote sprechen wir durchaus auch aus. Das Problem besteht allerdings nur ganz bedingt auf real-life-Parteiveranstaltungen und viel mehr auf Twitter, Mailinglisten, Blogkommentaren. Und natürlich auf nem Crewtreffen hier und auf nem Biertrinken da, bei dem über die eine oder andere Person hergezogen wird und Verleumdungen und Falschbehauptungen aufgestellt werden. Die direkte Aussprache findet nur ganz selten statt, sondern es ist häufig ein “über dritte”, was die Stimmung so vergiftet. Und ich glaube, es gibt einige Menschen, die ganz besonders gut darin sind, die Stimmung zu vergiften und um die wir uns kümmern müssen, nur das wie ist nicht so ganz leicht zu beantworten.


Google kotzt mich an

- in: politics rant tech

Google hat <a href”http://www.google.de/campaigns/deinnetz/”>eine Kampagne gegen das Leistungsschutzrecht</a> ins Leben gerufen und vermischt damit (ich behaupte bewusst) ihre eigenen Interessen und die, der LSR-Gegner. Ich finde das Leistungsschutzrecht für Presseverlage schwierig, wenn nicht gar falsch. Aber, ich sehe da durchaus auch sinnvolle Idee drin, denn auch ich halte ein Urheberrecht grundsätzlich für hilfreich.

Mich jetzt weiter gegen das Leistungsschutzrecht zu engagieren, ist quasi unmöglich, ohne Google zu unterstützen. Ja, ich nutze Google, allerdings bezeichne ich mich eher nicht als Fangirl. Genau genommen finde ich die Art und Weise, wie Google seit Jahren die Netzszene lobbyiert schwierig. Ich war selbst Experte in der 6. Initiative des IG Collaboratory und schon da, war mir ein bisschen unwohl. Nein, Google hat keine Inhalte vorgegeben und auch keinerlei Klauseln unterschreiben lassen. Zudem ist nachvollziehbar, dass das Collab quasi ausschließlich von Google finanziert wird und wer im Lenkungskreis von Google kommt.

Billige “Google macht Lobbyismus”-Vorwürfe greifen nicht. Google lobbyiert in sehr vorbildlicher Form - transparent. Google nimmt aber seit Jahren die Netzszene immer weiter für sich ein. Der Collab-Thinktank vereinnahmt natürlich die Experten. Mir hat niemand gesagt, ich dürfe nicht schlecht über Google schreiben und doch fällt es sehr schwer, den Leuten, die mir helfen, aktiv zu sein und möglichst viel erreichen zu können, auf die Finger zu hauen. Ich möchte auch explizit niemanden persönlich beschimpfen. Alle Google-Mitarbeiter, mit denen ich bisher zu tun hatte, haben sich vorbildlich verhalten und keinen möchte ich böse Absichten vorwerfen. Und doch nervt es mich, wie Google uns vereinnahmt - und sie es uns schwerer machen, uns von ihnen loszusagen.

Das System Google kotzt mich trotzdem an. Und zwar gewaltig. Es nervt mich, wie es zum Standart wird, Google zu nutzen. Wie es normal wird, für Google zu kämpfen. Und vor allem nervt mich, wie Google zunehmend unseren Staat außen vor lässt. Ich halte mich für einen durchaus staatskritischen Menschen, aber unser Staat ist zumindest grundsätzlich demokratisch legitimiert. Google ist ein Konzern und Google tut, was Google Geld einbringt. Jede “nette Gabe” ist auch eine Imagekampagne für einen Konzern, dem es darum geht, Geld zu verdienen.

Ich habe Angst davor, dass wir in 10 oder 15 Jahren unsere Staatsmacht an Provider verloren haben, auf die wir keinen Einfluss mehr haben. Ich sehen große Probleme darin, dass wir uns nicht nur auf das geborgte Internet vor Google verlassen, sondern sie auch anfangen unseren Interessen zu vertreten und ein Stück weit unser neuer Staat werden. Und ich möchte, dass wir uns von Google in aller Deutlichkeit lossagen - und das Leistungsschutzrecht trotzdem nicht kommen wird. Pfui Google! Pfui Leistungsschutzrecht!

Kommentare

von: Nicolai

Oberlehrerkommentar:

Standard ist ein 2D-Wort!

Es nervt mich, wie es zum Standart wird, Google zu nutzen.

von: V.

Ich wäre hingegen gar nicht traurig, wenn wir in 10 oder 15 Jahren unsere Staatsmacht verloren haben. Letzlich schützt die Staatsmacht nämlich immer das Kapital - also auch Google.


Ragen hilft nicht

- in: rant society

Ragen, Verb, aus dem Englischen, von “rage” (deutsch: Wut/Zorn), ist ein Tätigkeit des verbalen Wutauslassens. Häufig entsteht die Wut über eine Sachposition, wird in der emotionalen Debatte aber manchmal persönlich. Selbst wenn kein persönlicher Angriff gewollt ist, nehmen Kontrahänten es manchmal als persönlichen Angriff war.

Disputanten beginnen häufig zu ragen (in Rage zu verfallen), wenn veraltete, aus wissenschaftlicher Sicht nicht haltbare Positionen der Kontrahenten vehement verteidigt werden ohne auch nur ein wenig Einsicht zu zeigen. (häufiges Beispiele: Biologismus in Form von Sexismus, Homophobie, Rassismus)

Ragen ist hier oftmals als ein nahezu hilfloses “warum nur wollen Sie sich nicht mit dem Thema auseinandersetzen, wenn sie sich dazu schon äußern?!?” zu verstehen. Es scheint, als würde alle wissenschaftlich fundierte Erkenntnis nicht wahrgenommen werden möchte, um den eignenen Standpunkt nicht aufgeben zu müssen. Dies führt zum (manchmal verzweifelnden) Ragen.

Besonders häufig geraget wird, wenn faktisch bevorteilte Menschen auf ihre Privilegien bestehen und dabei nicht bevorteilte Menschen (oft unbewusst) unterdrücken. Hier ist Ragen ein verzweifelter Versuch das Problembewusstsein zu schaffen. In der Eskalationsphase schließt sich häufig der Shitstorm an, wenn keinerlei Bewusstsein für die privilegierte Position erkennbar wird, wodurch eine Position manchmal aus Angst vor der größerwerdenden Öffentlichkeit zurückgezogen wird. Die Ragenden bezeichnen dies manchmal als Gewinn, denn die Sachposition (insbesondere in Parteien) oder die Werbung wurde zurück gezogen.

Wenn allerdings im Nachhinein an den Shitstorm/Rage keine ausführliche Erklärung stattfindet, halte ich es für einen Schein-Gewinn. Die beragete Person hat den Standpunkt nicht verstanden und sieht dieses Thema nun als schwieriges Thema an und meidet es. Das Problembewusstsein hat sich nicht eingestellt - und damit ist häufig eine weiter reichende gesellschaftliche Debatte über das Problem nicht möglich. Zumindest diese Person selbst wird kaum andere Menschen auf eben das gleiche Problem hinweisen.

Aus diesem Grund behaupte ich. “ragen hilft nicht”. Leider. Es bleibt: Aufklärung an alle Menschen, die sich aufklären lassen. Auch wenn Aufklären sie unglaublich viel mehr Arbeit macht, als ein kurz ragender Tweet. Hiermit möchte ich allerdings mitnichten den Ragenden irgendeinen Vorwurf machen. Sie setzen sich häufig für die richtige Sache ein und dies begrüße ich ausdrücklich!


4,26€ Stundenlohn der Enquête

- in: politics rant

Fefe hat sich über die Bezahlung der Enquête ausgelassen. Auf Twitter habe ich vor allem die “ach so gut bezahlten Sachverständigen” wahrgenommen. Dem will ich mal ein bisschen auf den Grund gehen …

Da ich selbst die Enquête eher aus der Ferne betrachte, muss ich mich darauf verlassen, was mir so zugetragen wird. Einst habe ich etwas von ca. 8.000€ pro Jahr pro Sachverständigen gehört. Alvar twitterte, dass es 681,75€/Monat seien (8.181€ pro Jahr). Als Student, alleine lebend, etc. könnte man davon leben. Nicht gut, aber verhungert würde man auch nicht. Aber darum geht es nicht …

Es geht darum, dass Arbeit bezahlt wird. Leider habe ich keine Auflistung der ganzen Enquête-Termine gefunden, von daher muss ich mich auch da auf Alvars Vermutung verlassen: 30-50 Arbeitsstunden pro Woche. (Und wenn ich mir mein nebenbei-Aktivistenleben angucke, finde ich 30-50 Stunden für das, was Alvar im AKZ macht, schon sehr wenig geschätzt.) Nehmen wir der Einfachheit wegen aber 40 Stunden. Das macht 8 Stunden pro Arbeitstag. Ein Monat hat im Schnitt 20 Arbeitstage, das macht 160 Arbeitsstunden pro Monat. Die 681,75€/160 Stunden macht einen Stundenlohn von 4,26€. Und dann überlege ich mir, dass ich als Fahrradkurrier derzeit knapp das doppelte die Stunde verdiene (und mich schon unterbezahlt fühle …).

Nun, wo genau werden da nun unsere Steuergelder verpulvert? Und warum sind Sachverständige der Enquête eig soooo dämlich diesen verdammt schlecht bezahltern Job zu machen? Ich meine, dass sind Experten … die können noch ein bisschen mehr verdienen, wie ich als Fahrradkurrier …

Kommentare

von: Lonesome Walker

Nun ja, sicher mag das wenig sein, aber es ist immerhin besser als nix, und man kann auch nebenher noch ein wenig verdienen; und schon ist aus dem wenig ein Zweiteinkommen geworden ;-)

von: 9er0

Ja, das müssen sie ja auch. Ich könnte mit nicht mal 700€ keine Familie durchbringen. Und m.W.n. tut dies auch Alvar nicht, sondern geht “nebenher” richtig arbeiten. Es geht ja auch nicht darum, wie sie überleben, sondern darum, dass sie nicht “ordentlich” bezahlt werden, sondern aus Überzeugung in der Enquête arbeiten, und zumindest ein kleiner Teil wieder gut gemacht wird.

von: L3viathan

Ohne zum Thema selbst was sagen zu können: Deine Rechnung stimmt nicht: Bezahlt werden sie ja für ihre Arbeit in der Enquete, was sicherlich nicht 30-50 h pro Woche sind, sondern weitaus weniger. Da ist der Stundenlohn dann doch höher.

von: Dave

für vernünftige Arbeit muß es auch einen vernünftigen Lohn geben, alles andere ist ganz großer Käse, schließlich arbeitet man um zu leben und nicht umgekehrt, einer der Gründe warum ich da arbeite wo man auch Geld verdient, und das ist nicht Deutschland. Der Arbeiter oder Angestellte wird bewusst kurz und dumm gehalten, dies gehört mitlerweile schon zur Firmenphilosophie, wenn ich die Margen sehe für die teilweise gearbeitet wird, mit der Begründung “ die Masse machts” wird mir ganz übel….so wird das auf lange Zeit gesehen überhauptnix

von: 9er0

Hast du dir die Berge an Arbeitspapieren mal angesehen? Wann meinst du, bereiten sich die Sachverständigen denn auf eine Sitzung vor? Meinst du etwa ein Rechtsanwalt sollte nur die Zeit bezahlt werden, die er auch im Gericht sitzt? Dann könntest du recht haben …

BTW: Wenn es eine ordentliche Auflistung aller Sitzungen gibt, bitte ich den Link in die Kommentare zu posten. Ich hätte mich auch gerne dazu geäußert, habe aber keine Ahnung, wie häufig sie sich wirklich treffen.

von: wanderer

Ich denke dass alle Sachverständigen VORHER wussen wieviel Geld sie für ihre Arbeit bekommen. Jetzt darüber zu jammern finde ich einfach nur peinlich. Jeder Einzelne hat seine Entscheidung dort mitzuarbeiten freiwillig und ohne Zwang getroffen.

von: 9er0

Es geht nicht ums jammern (außerdem bin ich selbst nicht in der Enquête … warum sollte ich also jammern?), sondern darum, dass die sich den Arsch aufreißen (und zwar freiwillig). Wenn dann ein Fefe kommt und sich auch noch drüber auslässt, dass die damit Geld “verdienen”, ist das eine Verdrehung der Tatsachen.

von: L3viathan

Ich sage ja auch gar nicht, man soll die Stunden, die sie wahrhaftig in der Enquete sitzen, zählen, ich glaube bloß nicht, dass es 30-50 Stunden pro Woche sind, lasse mich aber gerne belehren.

von: 9er0

Eine feste Arbeitsstundenzahl im Aktivistenbereich zu benennen ist extrem schwierig. Gehört das Feierabendbier dazu, bei dem mit einem Politiker aus dem Überwachungsfanatikerlager überzeugt werden soll, dass die VDS doof ist? Wie sieht das mit der FsA-Nachbesprechung aus, die Nachts um halb 2 stattfindet? Und wenn man im Bus noch eben eine Twitter-Dikussion um Netzsperren führt? Es ist kein “9 to 5”-Job, sondern einer, der immer stattfindet, wenn sich Zeit dafür aus den Rippen schneiden lässt. Letztes Jahr habe ich ne Zeit lang die FsA vollzeit mitorganisiert. Da wäre mir der ein oder andere nur 10-Stunden-Tag echt lieb gewesen … (in dem Fall hatte ich eine “Job” von 10 bis 6. Das Büro verlassen habe ich selten von 22 Uhr.)

von: wuerzbach

Ich find die 681€ auch nicht wirklich angemessenen, aber im Friseurhandwerk in Thüringen sind 4€ bis 5€ pro Stunde Tariflohn. Also lasst die Debatte. Es ist eine Aufwandsentschädigung. Und die Enquette ist auch nur das übliche Demokratietheater: die Sachverständigen haben Zugang zu Entscheidern, aber selbst kein Mandat.

von: 9er0

Es handelt sich hier aber nicht um irgendeinen zu schlecht bezahlten Friseur/Friseurin (die auch zu schlecht bezahlt werden, keine Frage), sondern um Experten, die locker das 10 bis 20 Fache in der freien Wirtschaft verdienen könnten, aber darauf verzichten. Das mit dem “Demokratietheater” sehe ich ja nicht so … aber das ist ein anderes Thema und gehört hier gerade nicht hin :)

von: archi

Hm, danke, dass das mal jemand aufgreift. Ich habe selbst ein Jahr freiwilliges, ehrenamtliches Engagement hinter mir und habe auch eine Aufwandsentschädigung dafür bekommen. Damit bin ich zwar nur auf maximal 3 Euro die Stunde gekommen, aber die Idee ist nicht “Ich mache die Arbeit um Geld zu verdienen” sondern “ich habe einen Aufwand mit meiner freiwilligen Arbeit, und in der Zeit kann ich kein Geld verdienen” (plus in meinem Fall nichts für mein Studium tun, was als Bachelor Student im 9. Semester nicht soooo cool ist). Einige sollten wirklich mal davon weg kommen, dass Aufwandsentschädigungen wie normale Gehälter zu Handhaben sind. Wenn er Geld verdienen will, dann kann er locker das 10-fache machen. Oder eben die knapp über 650 Euro mit nur wenig Arbeitsstunden die Woche. Kleine Rechnung: Bei 20 Euro die Stunde muss er etwa 32 Stunden den Monat arbeiten, also irgendwas um die 8 Stunden pro Woche. Sprich: Ein normaler Arbeitstag. Und wer sollte den Job sonst machen? Ein Datenschutzexperte, der von Facebook 5000€ im Monat bekommt? Ne Danke. So Späße haben wir leider viel zu oft.

von: VonFernSeher

Erstens ist es eine Aufwandsentschädigung, die nicht die Aktivistentätigkeit finanzieren, sondern nur den direkten Arbeitsaufwand entschädigen soll. Zweitens ist es eine Aufwandsentschädigung, die nur einen Aufwand entschädigt und keinen Lohn zahlt. Drittens ist es eine Aufwandsentschädigung, die durchaus im normalen Rahmen liegt und nicht nach unten hinausfällt.

von: Stadler

Die Sache ist eigentlich ganz einfach. Für Selbständige wie Alvar ist eine Tätigkeit in der Enquete - von dem was er für den AK Zensur völlig kostenlos macht, ganz zu schweigen - mit einem deutlichen Einkommensverlusten verbunden. Das müsste eigentlich auch Fefe klar sein, aber das ist halt kein geeigneter Ausgangspunkt für einen reißerisches Blogeintrag.

Nur für Menschen, die ansonsten vom Staat bezahlt werden (Beamte) oder professionelle Lobbyisten, für die solche Tätigkeiten ohnehin Teil ihrer Berufsausübung ist, ist ein solches Engagement im Grunde denkbar.

Umso höher muss man es jemandem wie Alvar anrechnen, dass er aus idealistischen Motiven da reingeht und unsere Interessen vertritt, Fefe basht Alvar und padeluun als gutbezahlte Sachverständige. Zu padeluun hat Fefe, nach dem Bashing noch angefügt, dass er sein Freund sei. Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

Es gibt hier sicherlich einiges an inhaltlicher Kritik zu äußern. Aber die Verknüpfung mit der Unterstellung, Alvar und padeluun würden sich mit ihrer Enquete-Tätigkeit eine goldene Nase verdienen, muss man im Grunde als Böswilligkeit betrachten.

von: Franzl

Ich kenne Alvars Stundensätze nicht, aber für einen vermutlich gut bezahlten Experten sind – anders als für einen Studenten – 600 € sicher vom finanziellen Standpunkt kein Anreiz, mehrmals die Woche nach Berlin zu pendeln! Wer einen Stundensatz von sagen wir mal 200 € hat, für den ist das bestenfalls ein nettes Beibrot, bedeutet aber im Endeffekt erhebliche Einkommensverluste, wie Thomas richtig schreibt. Also einfach mal im Verhältnis sehen!

von: Robert

Die Unterstellung war ja sogar, nicht nur, dass sie sich eine goldene Nase verdienen, sondern dass insbesondere padeluun sich hat seine Meinung kaufen lassen, dass er sich bei den Abstimmungen so verhalten hat, damit er weiter verdient, mit anderen Worten, dass er praktisch bestochen worden sei.

von: gendalus

Kannst du denn Beziffern wie hoch die Einkommenseinbußen sind?? Denn für Aufwandsentschädigungen weiß ich gerade nicht wie die Anrechnung sich auswirkt.

Ich will dabei gerade nicht fefe das Wort reden, da ich seine Beiträge für uninformiertes Getrolle halte, aber es wäre für die Frage, ob die Entschädigung zu hoch ist oder nicht, eine recht praktische Sache mal zu wissen was als Verdienst wirklich bleibt.

Ansonsten sollten wir uns einfach noch mal Bewusst machen, dass das System der Aufwandsentschädigung ja gerade nicht darauf angelegt ist, dass Menschen damit ihr Leben finanzieren, sondern es als eine Entschädigung für neben der Erwerbstätigkeit geleisteten (formalisiert ehrenamtlichen) Arbeit ist. Damit hinken Vergleichsrechnungen zu Löhnen für Erwerbstätigkeit immer, da diese immer im die Rechnung mit einbezogen werden müssen…

von: Leena

Lieber Gero, danke für deinen Beitrag. Du hast es schön vereinfacht dargestellt. Etwas konkreter sieht es so aus: Da die meisten Sachverständigen ja noch ein Leben neben der Enquete führen, trifft die Schätzung von 40 Stunden pro Woche nicht so ganz. Alvar hat allerdings recht damit, dass es eigentlich nötig wäre 40 bis 50 Stunden zu investieren. Da das einfach nicht drin ist, muss eben in Kauf genommen werden, dass man auf die eine oder andere Sache nicht so gut vorbereitet ist. Was jedoch eine durchaus realistische Zeiteinschätzung ist, sind etwa 25 Stunden pro Woche. Das wären nach deiner Rechnung dann etwa 6,8€ “Stundenlohn”.

Dazu kommen jedoch noch drei weitere Faktoren. 1) Die Sachverständigen haben auch Ausgaben, die teilweise nicht vom Bundestag übernommen werden. Da läppert sich ganz schön was zusammen. Deswegen wird es auch nicht als “Gehalt” bezeichnet, sondern als Aufwandsentschädigung. 2) Dieses Geld muss natürlich noch versteuert werden. Du kannst also da nochmal knapp die Hälfte von abziehen. Dann sind wir sogar unter dem von dir errechneten Stundenlohn. 3) Die Zeit, die die Sachverständigen für die Enquete-Arbeit investieren könnten sie andernorts, wie RAStadler schon schrieb, sehr viel gewinnbringender einsetzen.

Die Enquete-Arbeit ist also ein absoultes Verlustgeschäft. Selbst deine Einschätzung ist damit noch zu hoch.

Darüber hinaus halte ich es übrigens prinzipiell für eine echte Frechheit, dass immer erwartet wird, dass Leute, die für die “gute Sache” arbeiten, das ehrenamtlich tun. Immerhin müssen die auch essen und für die Rente vorsorgen. Selbst WENN, die Sachverständigen einen guten Stundenlohn hätten, wäre das nicht kritikwürdig, sondern begrüßenswert! Dass wir von diesem Trip mal runterkommen sollten, dass man für seine Aktivistenarbeit prinzipiell nicht bezahlt werden sollte habe ich in meinem Blogbeitrag über alte Mythen der digitalen Gesellschaft schon dargestellt. Warum sollen wir immer nur unsere Feinde bezahlen? Sollten wir nicht lieber mal unsere Freunde bezahlen?

von: Stinkekäse

Ich hab fefes Kritik an padeluuns Abstimmungverhalten bzgl. Netzneutralität eher so verstanden, dass er kritisiert, dass padeluun in seine Erwägungen auch seine persönliche Zukunft als FDP-Netzaktivist (drohender Rauswurf) und Politikerspielchen (spätere Abstimmung wird folgenloser sein als die nun vertagte, weil das dann “Tagespolitik” ist, somit ist die Empfehlung “im Herbst” für die Tonne, egal wie sie ausgeht; wichtiger war “Gesichtswahrung” für Koalition) mit einbezogen hat, und so zu einer Entscheidung kam, die vielleicht seine persönlichen Interessen noch etwas höher hing als die Netzneutralität (die, nebenbei bemerkt, seit gestern nun schon Geschichte ist - hat nur noch keiner so richtig realisiert, weil ja alle damit beschäftigt sind, fefe zu kritisieren, dafür dass er Säulenheilige kritisierte).

Den Herren Freude und padeluun danke ich recht herzlich für ihre Bemühungen, an einem weitergehenden Personenkult möchte ich mich aber nicht beteiligen.


Die Ausweispflicht im Netz – was für ein Quatsch!

- in: politics rant tech

Es gibt inzwischen einen e-Pass, einen e-Perso mit „elektronischer Autentifizierung“; es wird über die Vorratsdatenspeicherung debattiert und von Zeit zu Zeit hört man (zumeist Konservative) Politiker von einem „Vermummungsverbot im Internet“.

Die erste Reaktion ist zumeist „Geht ja mal gar nicht“. Nach etwas drüber nachdenken kam ich zu: „vollkommener Humbug“.

Aber warum eigentlich?

Das Internet wurde entwickelt um Informationen überall abrufbar zu halten – und mit anderen Informationen zu verbinden. Aus diesen ganzen Verbindungen ergibt sich dann das Netz - das Internet.

Warum darin aber ausweisen?

Mit Arendt würde ich argumentieren, dass es für die Öffentlichkeit wichtig ist, von wem welche Informationen kommen – um nachvollziehbar machen zu können, welche Interessen dahinter stehen. Diese Argumentation scheitert aber an der Technik. Eine Identifikation kann nie 100%ig sicher sein.

Jeder kann immer, überall was ins Netz stellen – da aber die meisten nicht so richtig mit dem Internet können, wird für dieses „ins Netz stellen“ Facebook verwendet. Facebook identifiziert grundsätzlich – vermeintlich.

Andere Nutzer schreiben Blogs, Twitter und andere Webseiten voll. Auch dies tun sie zumeist unter einer Identität. Diese Identitäten sind zumeist durch Passwörter geschützt, sodass niemand anders diese Identität benutzen kann um anderen Inhalt im Namen dieser Identität zu veröffentlichen. Die Passwörter sind unterschiedlich gut – aber klar ist, dass sie nicht unüberwindbar sind. Es handelt sich immer nur um eine Frage der verfügbaren Rechenpower und Zeit.

Bemerkenswert ist, dass dies äußerst selten passiert. Manchmal werden Fake-Accounts erstellt und die Medien damit gehackt (wie z.B. @muentefering ), aber das vorhandene Account übernommen werden und es nicht auffällt … da ist mir kein Fall bekannt. (Wer einen kennt, bitte in die Kommentare posten!).

Warum aber nicht? Wäre das nicht cool Obamas Twitter-Account zu haben? Oder zumindest den von Regierungssprecher Seibert?

Ganz einfach: es würde auffallen. Es gibt ja noch deutlich mehr Kommunikationswege als Twitter. Alle Personen, die ständig in der Öffentlichkeit stehen, haben auch ständig Medien um sich herum. Den könnte man schnell mitteilen, dass der Account nicht mehr unter der eigenen Kontrolle steht.

Ein „einfacher“ Account mit unter 500 Followern (wie ich es bin), ist einfach vollkommen irrelevant. Was genau sollte man denn mit meinem Account anstellen können? Genau. Vollkommen langweilig. Dafür lohnt die mühe nicht.

Und selbst wenn, hat doch jeder seine eigene Art zu schreiben und bringt andere Informationen „unters Volk“. Ein Cracker muss sich schon echt gut anstellen, dass dies nicht auffällt.

Anders sieht es allerdings aus, wenn es sich um mehr als ein „ich habe aber auch was zu sagen“-Format á la Twitter handelt. Wenn auf einmal der eBay-Account gehackt wurde und damit fremde Dinge gekauft und ersteigert werden.

Das geschieht auch nur äußerst selten, ist aber möglich. Hier hat die Bundesregierung eingesetzt und meint, dass man sich dafür doch mit dem ePerso ausweisen könne. Gut, dass der ePerso nicht sicher ist hat der CCC gezeigt. Aber wie genau sollte man denn sonst dafür sorgen, dass kein Schindluder damit getrieben wird?

Gar nicht. Das Internet ist eine Informationsverbreitungs-Maschine. Alles, was nicht der Informationsverbreitung dient, hat im Internet nur bedingt etwas verloren. Wem es wichtig ist, der kümmert sich selbst darum, dass die Informationen nicht weiter verbreitet werden. Wer das aber nicht kann – einfach nicht die Kompetenz besitzt (wie ich einer dieser nur bedingt kompetenten bin), sollte die Finger einfach davon lassen.

Das mag nun nach Internet-Öko anhören, ist aber ernst gemeint. Wer nicht auf eBay, Amazon und co verzichten kann, muss mit dem Risiko leben. Ein vollkommen abgesichertes Netz wird es nicht geben (können). Die Technik wurde nicht dafür entwickelt und wird auch nicht dafür verwendet.

Äußerst wichtig sehe ich, dass in dieser Diskussion klar ist, dass ein Staat nicht auf das Internet bauen darf, so lange es eine eindeutige Identifizierung benötigt. Der Kommunikationspartner ist nur wirklich sicher, wenn er mir gegenübersteht – und dies wird sich auch nicht ändern. Wer also davon schwärmt, seine Ämterbesuche aufs Netz zu verlagern, sollte sich darüber Gedanken machen, wie er sich ausweisen wollte, wenn seine online-Identität jemand anderes hat und er selbst die Menschen vom Amt nicht mehr kennt. Warum sollte ihm das Amt dann mehr glauben, als seiner (Online-)Identität?

Was Zwischenmenschliches angeht, bin ich der Meinung, dass das Internet nur erweiternd wirken kann – es kann das Treffen „im realen Leben“ einfach nicht ersetzen. Dafür ist jede Kommunikation über Netz zu begrenzt. Übers Netz kann man wen anders einfach nicht riechen – egal wie sehr man sich darum bemüht. (Und ja, wir kommunizieren (unterbewusst) auch über Gerüche.)

Wenn aber klar ist, dass das Internet nur ein „Zusatzkanal“ der Kommunikation (sowohl mit den Massen, wie auch mit dem Einzelnen) ist, sollte sich auch die Frage stellen, in wie weit Kommunikation eigentlich gefährlich werden kann. Wer anführt, dass gehackte Bankkonten ohne Vorratsdatenspeicherung nicht aufgeklärt werden können, der sollte grundsätzlich überlegen, wie weit die Identität überhaupt im Netz für die reale Person stehen soll. Warum können wir Überweisungen nicht mehr am Schalter machen? Der allgemeine Stress hat zugenommen und wir alle versuchen alles so schnell wie möglich zu erledigen – und Online-Banking geht schneller als zur Bank zu laufen. Aber ist das die Welt, die wir wollen? Dass uns der Neoliberalismus diesen Stress gebracht hat und einer schneller ist, als der andere, mag dazu führen, dass wir uns alle selbst aufgeben. Wissen wir das?

Nun gleitet meine Argumentation in eine Kapitalismuskritik, um die es nicht gehen sollte. Dazu blogge ich ein anderes mal. Ich bin gespannt auf Kommentare.


Für Bildung streiken?

- in: politics rant

Der Bildungsstreik.

In den letzten Jahren hat die Kampagne eine bemerkenswerte Öffentlichkeit herstellen können. Massenproteste haben sich von Wien aus über Österreich und Deutschland ausgebreitet. Unis wurden besetzt, Forderungen nach dem Abschaffen des Bachelors und Abschaffung der (wenn vorhanden) Studiengebühren gestellt und überhaupt sollte mehr für die Bildung getan werden.

Trotz guter Medienresonanz und beachtlicher Proteste in vielen Unistädten hat sich wenig getan in der Bildungspolitik. “Es wird nachgebessert” hieß es aus dem Bildungsministerium. Mit anderen Worten: “Wir hören euch zu, stellt eure Proteste ein, und wenn ihr ruhig seid, geht es weiter, wie bisher”.

Und, die Taktik hat funktioniert. Die Bildungsdemos sind kleiner geworden. Sie bestehen nur noch aus Hunderten, statt Zehntausenden. Darauf muss man als Minister auch nicht mehr hören.

Noch immer gibt es Bildungsdemos, aber die Resonanz ist dürftig. Die Demos sind klein, die Forderungen radikal und das Bündnis zu klein für wirkliche Veränderungen.

Alleine der Name “Bildungsstreik” ist grotesk. Man hätte es auch “wir gegen das Bildungsministerium und die Regierung überhaupt” nennen können. Flyer mit Texten wie “Schwarz-geld muss fallen” stehen für wenig Inhalt, sondern für oppositionelle Polemik.

Opposition ist richtig und wichtig - aber es ist eine Frage dessen, was man erreichen möchte. Entweder man macht Oppositionspolitik und kritisiert die Regierungsparteien, oder es wird für eine bessere Bildungspolitik gestritten. Ich sehe in der Bildungsstreik-Bewegung leider nur noch den oppositionellen Nutzen. Es ist ein prinzipiell kritisiertes Thema, mit der sich jede Opposition bewaffnen kann. Schade.

Die Themen der Bewegung finde ich nämlich durchaus diskussionswürdig, aber weder kann ich die Radikalität unterstützen, noch stimme ich mit allen Themen überein (10 Jahre gemeinsames Lernen hat mit den Grundwerten dessen, was Bildung eigentlich vermitteln sollte (Eigenständigkeit, Engagement, Interesse an der Welt) einfach nichts zu tun, sondern ist eine nicht durchsetzbare, plakative Forderung).

Freie Bildung ist ein ehrenwertes zu erkämpfendes Ziel, aber warum steht nur die Linksjugend ‘solid dahinter? Sowohl Grüne, als auch SPD lehnen Studiengebühren ab – aber warum sind diese nicht auch in dem Bündnis? Warum werden die Forderungen nicht auf ein umsetzbares Maß reduziert und das Bündnis vergrößert, sodass auch tatsächlich etwas umgesetzt werden kann?

Ganz zu schweigen von den irrwitzigen Maßnahmen, wie Hörsäle zu besetzen. Der Streik ist eine Methode, mit der dem Arbeitgeber massive Einbußen zukommen, sodass er handeln muss. Aber in der Hochschule? Da schadet man sich nur selbst. Hier ist jeder selbst der eigene Arbeitgeber seiner Lernerfolge. Wie kann da gestreikt werden?

Entweder habe ich etwas ganz Grundsätzliches nicht verstanden (dann bitte ich um die Klarstellung in den Kommentaren), oder der Bildungsstreik wurde zum reinen Polemik-Thema um auf die Regierung ein zu hauen. Schäde wär’s.

Kommentare

von: 9er0

Und - hatte ich ganz verplant - der Hashtag #unibrennt sagt ja alleine schon sehr genau aus, um was es geht. Es geht eben nicht mehr um eine Verbesserung, sondern es geht darum dem Unmut freien Lauf zu lassen und sich aus zu kotzen. “Alles Scheiße”. Und so.

von: Tweets that mention Für Bildung streiken? « Findling – Topsy.com

[…] This post was mentioned on Twitter by pbeccard, Gero. Gero said: Gebloggt: Für Bildung streiken? http://9er0.wordpress.com/2011/01/22/fur-bildung-streiken/ #Bildungsstreik #Bildungsdemo […]

von: WordPress am 22.01.2011 - Twitter-Aggregator

[…] schrieb: Für die Tagaktiv(ist)en nochmal: http://9er0.wordpress.com/2011/01/22/fur-bildung-streiken/ #Bildungsstreik #Bildungsdemo […]


Das Problem Google

- in: politics rant tech

Google ist eines der mächtigsten Unternehmen der Welt. Kein Unternehemen ist je zuvor in so kurzer Zeit so erfolgreich geworden. Google hat es geschafft. Google ist da, wo jedes Unternehemen hinkommen will.

Wie hat Google das gemacht? - Voll im Zeitalter der “Wissensgesellschaft”, hat es Wissen gesammelt und verkauft. Einfaches Konzept.

Soweit, sogut. Oder eben nicht. Denn es gibt Widerstand. Die Menschheit beginnt zu begreifen, dass Daten einen Wert haben. Und dass, wo man mittels moderner Technik alle Daten unendlich verfielfältigen kann. Jeder hat alles immer.

Die Menschen fangen an zu verstehen, dass es in dieser “Jeder-hat-alle-Informationen-immer-überall” keine Geheimnisse mehr geben kann, es sei denn, sie werden nicht digitalisiert und in den unendlichen Rachen des Internets geschmissen.

Da Computer und Internet aber inzwischen überall sind und das Leben bestimmen, sind auch alle Daten überall. Auch die, die eigentlich mal geheim bleiben sollten. Pech gehabt, denn wenn die Daten interessant sind, hat sie jeder. Und ohne das nötige Kleingeld verschwinden sie auch nicht wieder. Manchmal verschwinden sie nie, egal was man macht.

Nun hat Google eine Suchmaschine gebaut und jeder wirft da die aller intimsten Fragen rein. Kann man auch machen, denn die weiß dann ja auch nur Google und der liebe Onkel Google erzählt es ja niemanden. Hoffentlich.

Nun hat Google sich was ganz tolles ausgedacht. Nachdem das gesamte Internet nur noch mittels Google beherrschbar ist und ganz ganz viele Bücher in den Rachen von Google geschmissen wurde, wird nun auch die restliche Welt katalogisiert und unter die Herrschaft von Google gestellt.

Doof dabei ist, dass nicht nur das Internet Google gehört, sondern demnächst auch noch die normale Welt. Eigentlich ist aber auch das garnicht schlimm, denn Google tut ja nichts böses und wir können die richtige Welt von unseren Computern und Smartphones aus begucken. Da kann der Tramper gucken, wo die beste Stelle ist, sich wieder auf die Reise zu begeben, da kann mit neuen Freunden gucken, wo man wohnt und wo man den Abend noch hingeht und da kann man den Urlaub planen. Alles super Sachen.

Nun kommt aber der doofe Datenschutz und macht alles kaput. Aber warum?

Google fotografiert nicht nur Straßen und Häußern, nein, wie das auf Fotos so ist, sind da auch Menschen, Autos und das altägliche Leben abgebildet. Schlimm ist das aber auch nicht, solange da nichts schlimmes drauf zu sehen ist. Was ist nun aber, wenn ich gerade aus einem Pornoladen komme und meine Oma sieht das auf Google? Da wird mir dann aber nochmal eine lange Geschichte über Moral, Bienen und Blüten erzühlt werden.

Ich werde mich bei Google beklagen und die werden das Bild unkenntlich machen. Was ist aber, wenn ich nicht aus dem Pronoladen kam, sondern beim Bücken fotografiert wurde und mein Tiger-Tanga sichtbar ist? Dann wird nicht nur Oma mit mir reden, sondern auch all meine Freunde, wenn sie das Bild auf Facebook geladen haben und sich drüber lustigmachen.

Dann werde ich mich wieder bei Google beklagen, das Bild wird da verschwinden, aber auf Facebook wird es bleiben. Und wenn nicht auf Facebook, dann vielleicht auf Flickr, Picasa, StudiVZ, MySpace oder es liegt noch auf irgendeinem Blog. Pech gehabt.

Das ist das Problem mit dem Datenschutz und Google. Ich sehe da aber noch ein ganz anderes. Konstantin von Notz (MdB für die Grünen) hat es auf seinem Blog im letzten Absatz kurz angerissen.

Es geht um den Verkauf des öffentlichen Raumes. Es geht darum, dass wir mit Google nicht nur Sexspielzeuge suchen, sondern auch gucken, wo wir in den Urlaub fahren. Unter der Aufsicht von Google.

Es geht darum, dass Google sein Monopol ausbaut und die gesamte Gesellschaft Gefahr läuft, sich dem Monopol nichtmehr widersetzen zu können. Wir machen uns gerade abhängig von einem einzigen Unternehmen, dass soviel Einfluss auf uns hat, dass es uns vorschreiben kann, was wir anklicken und welche Internetseiten wir sehen. Demnächst wird es uns auch vorschrieben, wo wir Urlaub machen und in welchen “Offline-Geschäften” wir einkaufen. Bald werden wir ein Streetview haben, dass uns auf dieses oder jenes Geschäft aufmerksam macht.

Das ist das eigentliche Problem mit Google.

Streetview selbst ist eine wunderbare Sache, mit der viel Sinnvolles getan werden kann. Aber warum bauen wir dann nicht unser eigenes Streetview? Die Wikipedia (wie umstritten sie auch sein mag) hat geschafft, den Bertelsmann abzulösen. Warum löst ein Gemeinschaftsprojekt nicht auch Google ab? Warum bauen wir nicht unser eigenes Streetview? Fotos haben wir mehr gemacht, als Google je machen kann - wir haben die Telefone zu Millionen mit Megapixel-Kameras. Nicht Google. Und trotzdem sind wir abhängiger von Google als Google von uns. Vielleicht ist Google nicht nur eines, der mächstigsten Unternehmen der Welt, sondern wahrscheinlicher ist, dass es DAS mächtigste Unternehem der Welt ist. Und wir sind abhängig davon. Wir können uns davon nicht befreien und werden es in der Zukunft noch viel weniger tun können.

Kommentare

von: dave büttler

diese warnung stimmt, aber wikipedia ist einfach aufzubauen als ein google oder streetview. ich denke dieser vorschlag ist utopisch. vermutlich ist es einfacher wenn das volk griffige gesetze zur kontrolle von solchen superkonzernen schafft.

von: 9er0

Danke :) Ich weiß nicht, ob eine Wikipedia soviel einfacher aufzubauen ist, als Google … Google ist im wesentlichen ein Algorhytmus … Die Wikipedia gut 1.000.000 Artikel. Und eine Millionen Artikel zu schreiben ist eine verdammt große Arbeit. Und klar ist es eine Utopie, denn Google macht ja Streetview und nicht die Wikimedia Foundation … mittels ehrenamtlicher Helfer.

Das Problem liegt weniger in den Gesetzen zur Kontrolle dieser Superkonzerne - es liegt in der fehlenden Macht des Staates für die Grundversorgung. Der Staat ist für seine Bürger da - so jedenfalls die Definition - und damit muss der Staat öffentliche Aufgaben warnehemen, was er aber nicht macht, weil der “Liberalismus” - der keiner ist - behauptet, das regele der Markt. Wenn öffentliche, der Gemeinschaft dienende Aufgaben vom Staat abgesichert wären, und es ein Unternehmen trotzdem schaffen würde so groß zu werden, finde ich das super. Denn dann hat das Unternehmen ein funktionierendes Konzept, das nicht auf der Unfähigkeit des Staates basiert. (Aldi z.B.)