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Vom Urheberrecht zur Urheberanerkennung

- in: politics

Auf SpOn hat mspro steile Thesen vorgelegt und auf seinem Blog noch ein wenig berichtigt.

Frei zusammengefasst schreibt er: “Das Urheberrecht gehört abgeschafft, weil im Internet immer kopiert wird.” - und der Begründung kann ich nicht widersprechen. Ob die Abschaffung aber die richtige Folgerung daraus ist, bezweifele ich. Aber mal langsam:

Das Urheberrecht entstand aus dem Patentrecht, welches entwickelt wurde, damit Menschen die unglaublich viel Zeit (und Geld) in die Entwicklung von Ideen (Erfindungen, Geschichten, Bilder, Filme, Musik …) stecken, nicht leer ausgehen - für den Fall, dass eine andere Person kommt und ihre Ideen kopiert um sie dann selbst zu vermarkten (weil die andere Person möglicherweise besser vermarkten kann).

In Zeiten, in denen jeder Mensch arbeiten muss, damit er sich Nahrung kaufen kann und an der Gesellschaft teilhaben kann, war es zudem ein Mittel zum Lebensunterhalt verdienen. Da wir diese Zeit aber gerade überschreiten (in der Menschen sich mittels Technik selbst ihre Arbeit “zerstören”), müssen wir auch in der Urheberrechtsdebatte zurück auf Null und von Vorne beginnen.

Es geht um die Frage der Anerkennung einer anderen Person (oder Gruppe) gegenüber, die großartige Immaterialien geschaffen haben. Ein Tischler, der Schränke baut, baut Schränke, die er dann verkaufen kann (in der Theorie …). Das derzeitige Urheberrecht gibt Schriftstellern, die einen Roman schreiben, das gleiche Recht - was nun obsolet wird, weil der Inhalt quasi Kostenfrei kopiert werden kann (bis Makerbots Schränke drucken dauert das noch ein wenig). Nicht obsolet ist aber die Anerkennung für das Werk, welches Geschaffen wurde. Der Tischlerin danken wir indirekt, indem wir den Schrank kaufen und sie damit bezahlen.

Wie aber danken wir den Schriftstellern? Das ist die Frage nach der Anerkennung - und da müssen wir von vorne beginnen uns ein Modell auszudenken, wie wir uns in angemessener Form bedanken können. Die (ebenfalls von mspro eingeworfene) Idee “warum geben wir den künstlern nicht einfach geld?” basiert auf dem Prinzip, dass Kreative sich auch selbst vermarkten - was sie häufig aber gar nicht tun wollen - und daher ja die Verwertungsgemeinschaften geschaffen haben (die uns nun zu einem so großen Problem sind). Wenn sich Kreative nicht selbst vermarkten, braucht es immernoch ein gesellschaftliches Anerkennungsmodell um sich von der Tischlerin nicht vorwerfen lassen zu müssen, sie würden nichts tun und der Gesellschaft nichts zurück geben.

Flattr ist ein solches Anerkennungsmodell, da es vor allem zählt, wie viele Menschen sich wofür bedanken und damit die Arbeit anerkennen. Das es bei Flattr “auch” um Geld geht, halte ich für ein zweitrangiges Feature. Damit es aber wirklich funktioniert, müsste jeder Flattr nutzen und wir auch alles Flattrn können - was de facto nicht geht. Aber vielleicht kommen wir da ja noch hin (und wenn es nicht Flattr ist, vielleicht ein anderer Dienst, der sich noch entwickelt).

Die Frage nach dem Lebensunterhalt stellt sich nicht “nur” bei den Kreativen, sondern auch bei allen Menschen, die durch den technischen Fortschritt keine Arbeit mehr haben und muss auch aus diesem Ansatz heraus angegangen werden. Das Urheberrecht dafür zu “missbrauchen” kann das Problem nicht lösen.

Kommentare

von: Gero

Ich gebe dem Urheberrecht ja gerade ein “Ziel”: Die Anerkennung der Kreativen.

Historisch gesehen wurde das Urheberrecht sehr wohl zur finanziellen Sicherung geschaffen – nur passt das heute eben nur noch bedingt und gehört daher reformiert (oder abgeschafft, oder was auch immer). Die Gesetzgebung ist mir selbst allerdings ziemlich egal. Es geht mir darum ein Bewusstsein und einen Ethos in dem Urheberrechtsbereich zu schaffen und die Debatte einfach weiter zu führen (viel “neues” im Vergleich zu mspro gibt’s hier ja auch nicht. Aber ich empfinde es wichtig die Debatte überhaupt so weit wie irgend möglich zu führen, damit mehr Leute davon mitbekommen und einen Ethos entwickeln können. Die Gesetzgebung wird dann nur ein staatlich verordneter Ethos sein, der sich aus der Debatte hervor tun wird.

In wie Weit Künstler “einfach bezahlt werden können” ist auch das eine moralisch-ethische Frage, wie “gut” die Gesellschaft ist – und auch dies verändert sich mit einer öffentlichen Debatte ja durchaus – auch wenn es derzeit schon sehr stark die “Kostenlos-Kultur” ist, die immer wieder angeprangert wird, muss es diese doch nicht bleiben. Und ich z.B. gehe prinzipiell davon aus, dass die Gesellschaft auch bereit ist, etwas für gute Immaterialien zu zahlen. (Der Glaube an das Gute und so.)

von: krizm0

Was ich in der gesamten Urheberrechtsdiskussion immer vermisse ist die Frage nach dem Sinn und Zweck dieses Rechts überhaupt. Keiner (ausser ein paar wenigen) stellt die Existenz der Urheberrechts in Frage, nur scheint es keinen Konsens darüber zu geben, was überhaupt das ZIEL dieses Rechts sein soll. Man kann doch kein Gesetz entwerfen, wenn nicht klar was das Ziel sein soll. Ein weit verbreiterter Trugschluss ist ja, dass der Sinn des Urheberrechts die finanzielle Sicherung der Urheber herstellen soll. Ich persönlich fand immer einen Zitat von Rick Falkvinge als sehr treffend: “The copyright monopoly legislation is a balance between the public’s interest of having access to culture, and the same public’s interest of having new culture created.” http://awurl.com/RhGfmAymj Je nachdem wie die Definition des Ziels des Urheberrechts ist, kann man auch sehr schön sehen, wer überhaupt an dieser Debatte beteiligt sein sollte und wer nicht.

Wenn gefragt wird, warum wir den Künstlern nicht einfach Geld geben, müssen wir uns glaube ich die gesellschaftliche Realität vor Auge halten, die scheinbar nicht so aussieht, als ob freiwillige Zahlungsbereitschaft besteht. Zumindest nicht im kommerziellen Sektor. http://farlion.com/archives/316-Quelle-Internet-Wer-schnorrt-denn-wirklich-im-WWW.html