Oder: warum ich nicht austrete.
Die Piratenpartei ist eine Spielpartei. Wir haben wenig, wir können nur wenig verlieren.
Ich mache den Scheiß nicht, weil ich mir die Bestandsdatenauskunft auf den Sack geht. Ich mache den Scheiß sogar trotz den ekelhaften Maskulinisten in dieser Partei. Ich mache den Scheiß, weil es eine Spielpartei ist.
Ich glaube, diese Partei ist ein unglaublich krasses Experiment und ich möchte gerne herausfinden, was wir noch alles in dem Experiment lernen können. Vielleicht scheitert es. Vielleicht geht es aber auch gut.
Die Gesellschaft erlebt eine so umfassenden Neuausrichtung, dass ich es für unbedingt erforderlich halte, dass wir eine neue Politik wagen müssen. Technischer Fortschritt rationalisiert lange Zeit fest geglaubte Arbeitsplätze weg. Die Idee der “Vollbeschäftigung” ist Geschichte. Der kulturelle Unterschied zwischen Berlin und Schollene, dass Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, keine 100km von Berlin, ist größer, als der zwischen Unterschied zwischen Berlin und Tokyo. Die Idee der Nationalstaaten wird zerfallen. Ich sehe einen Politikverdruss, wie es ihn in der Neuzeit noch nicht gegeben hat - und auch der hält sich nicht an Grenzen. Ich bin überzeugt davon, dass wir die aktuellen und vor allem die kommenden Probleme nur mit neue Formen der Mitbestimmung wie Liquid Democracy gelöst werden können.
Vor allem aber sehe ich keine bessere Gesellschaftsschmiede, als die Piratenpartei. Es mag sein, dass sie absolut schlecht ist und noch dabei schlechtes tut. Aber wenn nicht in dieser Partei, wo testen wir dann neue Gesellschaftsformen? Wo können wir an der gesamten Gesellschaft besser ausprobieren, wie die Gesellschaft in Zukunft aussehen wird? So lange es nichts besseres gibt, als die Piratenpartei, in der wirklich Gesellschaft mit all ihren Problemen gelebt wird - so lange werde ich diese Plattform nutzen um Gesellschaft zu entwickeln und zu testen. Wo auch immer ihr das tut, bitte hört nicht auf, an eine bessere Gesellschaft zu glauben und für eine bessere Gesellschaft einzustehen. Ich glaube, das Gesellschaftsupdate ist dringend.
An dieser Stelle ganz herzlichen Dank für die sehr viele Arbeit an Herrn Urbach und Ennomane.
Kommentare
von: Gero
Es waren Anlässe, die sie austreten lassen haben, keine Gründe. Ich weiß von beiden, dass sie seit einigen Monaten darüber nachdachten, die Partei zu verlassen. Das jetzt waren nur Anlässe. Die Gründe gibt es seit Monaten (und davon sehe auch ich genug).
von: johannes
die weisheit “wo wenig zu verlieren ist, ist auch wenig zu gewinnen.” finde ich gut. ich persoenlich halte es fuer viel was sich gewinnen laesst: eine organisation darstellen die wirklich als ein ort der politischen willensbildung funktioniert. ich glaube, dass es viel zu verlieren gibt: das erreichte verspielen. die piraten sind bekannt als gut aufgestellte alternative zu den bekannten atzen. manche sagen vlt zu leichtfertig: wat solls, es bedarf meiner nich, ich such mir was anderes, statt: “I´ll stand my ground.” naja, so halt.
von: Gero
Stimmt, die OpenMind ist super. Die letzten zwei Jahre war ich auch da und dieses Jahr werde ich auch wieder hinfahren. Aber die findet leider nur 1x im Jahr statt - und das restliche Jahr will ich auch irgendwo Utopien entwickeln :)
von: Thobias
Vor allem aber sehe ich keine bessere Gesellschaftsschmiede, als die Piratenpartei. > fahre zur openmind
von: Gero
Diskussionskultur ist ein sehr großer Teil der Gesellschaftsschmiedekunst. Kultur als solches macht eine Gesellschaft aus. Hätten wir eine gute Kultur, bräuchten wir diese Partei nicht. Wir brauchen sie aber, gerade weil wir ganz viele neue Probleme noch nicht gelöst haben und dies zeigt sich unter anderem am Umgang miteinander, der in der Tat sehr schlecht ist.
von: Michael K.
Um eine gute “Gesellschaftsschmiede” zu sein, bräuchte es eine Diskussionkultur, die tatsächlich das Ziel hat Verbesserungen zu erreichen. Das funktioniert aber gerade nicht.
von: Ansgar Michels
Wenn ich mir die Austrittsbegründungen ansehe (Urbach: Das geht euch nichts an, Ennomane: Die haben im Forum ein Plugin aktiviert, das mir nicht passt, ich muss es zwar nicht aktivieren, aber das reicht mir nicht), bin ich vom Durchhaltevermögen beider etwas enttäuscht.
von: Gero
Ich glaube, dass wir tatsächlich viel gewinnen können, aber verlieren? In meiner Wahrnehmung hat die Partei eher wenig erreicht - und ich bin um das erreichte auch eher nicht traurig, wenn das nichts wieder verschwindet. “gut aufgestellte Alternative” sehe ich nicht. Nirgends.